Unter dem Motto "Vielfalt leben: Welche (Stadtentwicklungs-)Politik brauchen wir?" fand der Verbandstag des vhw am 14. November 2013 im historischen Gebäude der Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften – unter anderem Sitz des Deutschen Ethikrats – in Berlin-Mitte statt, an einem Ort also, an dem auch sonst die Vielfalt der Meinungen und die Klugheit der Vielen beherbergt ist.
Hintergrund der Thematik ist der für viele Beobachter unbestrittene Befund, dass zur Überwindung der auseinanderstrebenden Kräfte der Gesellschaft und des Vertrauensverlustes in die Politik eine neue Beteiligungs- und Kommunikationskultur als unverzichtbar gilt. Dies trifft insbesondere für die kommunale Ebene zu, wo sich die gesellschaftlichen Entwicklungen bündeln. So steht die weitere Ausdifferenzierung der Stadtgesellschaften in einem deutlichen Spannungsverhältnis zu den Zielen der sozialen Kohäsion der Gesellschaften – und damit letztlich auch zum Anliegen der Stärkung der lokalen Demokratie in der Stadtentwicklung. Die Veranstaltung wurde moderiert von Barbara Kostolnik vom Bayerischen Rundfunk.
Für Dr. Peter Kurz, Verbandsratsvorsitzender des vhw, stehen hierbei zwei zentrale Leitfragen im Vordergrund: "Was hält die Gesellschaft zusammen?" und "Wie viel Vielfalt verträgt die Stadt?". Vielfalt könne dabei sowohl als Chance als auch als Bedrohung empfunden werden. Im Zentrum der politischen Diskussion stehe deshalb die Frage: "Wie viel Gleichwertigkeit wird verschiedenen Gruppen zugebilligt?".
Vor diesem Hintergrund unterstrich Kurz in seinem Vortrag insbesondere einen notwendigen Perspektivwechsel weg von einer stark normativen Sicht auf die Dinge hin zu – in Anlehnung an Willy Brandts "Mehr Demokratie wagen!" – einer Annäherung an die Wirklichkeit.
Prof. Dr. Paul Nolte, Professor für Neuere Geschichte an der Freien Universität in Berlin, referierte zum Zustand der Demokratie im Spannungsfeld von Politik und Zivilgesellschaft unter der Überschrift "Demokratie weiter denken". Hintergrund seines Vortrags bildete der Befund, dass die Vielfalt in unserer Stadtgesellschaft zunehme und die bisherigen Spielregeln des demokratischen Gemeinwesens herausfordere. Bezugnehmend auf die aktuell durch einen Volksentscheid abgelehnte Olympiabewerbung für 2022 in Bayern nahm er Stellung zur allgemeinen Debatte über Demokratie und der Erweiterung der repräsentativen Demokratie.
Den Einstieg in den Nachmittag bildete eine Podiumsdiskussion (Foto) zu den Eckpfeilern zukunftsfähiger Stadtentwicklungspolitik mit folgenden Teilnehmern: Werner Spec, Oberbürgermeister der Stadt Ludwigsburg; Dr. Peter Kurz, Oberbürgermeister der Stadt Mannheim; Michael von der Mühlen, Stadtdirektor der Stadt Gelsenkirchen; Eckhard Pols, MdB, stellvertretender Vorsitzender der AG Kommunalpolitik und Vorsitzender der CDU-Fraktion in der Hansestadt Lüneburg. Moderiert wurde die durch zahlreiche Wortbeiträge aus dem Publikum belebte Diskussion von Barbara Kostolnik vom Bayerischen Runfunk.
Den Höhepunkt des Nachmittags bildete eine "Anleitung zum Widerstand" von Prof. Dr. Harald Welzer, Sozialpsychologe, Mitbegründer und Direktor der Stiftung Zukunftsfähigkeit – Futur Zwei. Sein mutmachender Impuls zum Selbstdenken drehte sich um die Frage "Was emanzipiert die Bürgergesellschaft?" Zum Ende seines Beitrags unterstrich er, dass er mit "Widerstand" im Sinne seines Beitragstitels nicht etwa Widerstand im sozialromantischen Kontext meine, sondern vielmehr "gegen sich selbst" im Sinne vom Mitschwimmen und Nichthinterfragen. Den kompletten Vortrag finden Sie in Ausgabe 6/2013 der Zeitschrift Forum Wohnen und Stadtentwicklung.