Rund zwei Drittel der Kommunen in Deutschland sieht Chancen durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz in ihrer täglichen Arbeit. Das ist ein Ergebnis des "Zukunftsradar Digitale Kommune 2023" (PDF), der am 22. November in Berlin vorgestellt wurde. Derzeit ist der Anteil der Städte und Gemeinden, die bereits auf diese Technologien setzen, allerdings noch gering. Vielfach behindern rechtliche Hürden oder ungeklärte Datenschutzfragen den Einsatz dieser Technologie. Auch wenn insgesamt Fortschritte im Bereich der Digitalisierung zu verzeichnen sind, bleiben die Herausforderungen bestehen. Den Kommunen fehlen vor allem Fachpersonal und die notwendige finanzielle Ausstattung.
Der Zukunftsradar wird regelmäßig in einer Kooperation des Instituts für Innovation und Technik (iit) und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) erstellt. In diesem Jahr beteiligten sich mehr als 900 Städte und Gemeinden an der vierten Ausgabe der Erhebung zum Stand der Digitalisierung in den deutschen Kommunen. Mehr als die Hälfte der teilnehmenden Städte und Gemeinden fühlt sich gut auf die Herausforderungen der Digitalisierung vorbereitet und rund 60 Prozent geben an, im vergangenen Jahr Fortschritte in diesem Bereich gemacht zu haben. Dennoch bewertet gleichzeitig nur knapp jede vierte Kommune den eigenen Stand der Digitalisierung als gut oder sehr gut. Die Ergebnisse des "Zukunftsradars Digitale Kommune 2023" erscheinen motivierend und ernüchternd zugleich.
Wie bereits in den Vorjahren sieht die große Mehrheit der Kommunen die Digitalisierung als Chance an. Der Nutzen digitaler Technologien wird weiterhin als hoch oder sehr hoch eingeschätzt. Zudem erachten mittlerweile zwei Drittel den Einsatz von KI und automatisierten Systemen in Städten und Gemeinden als sinnvoll. "Die Städte und Gemeinden haben ein hohes Interesse am Einsatz innovativer digitaler Lösungen. Wir sehen allerdings teilweise Nachholbedarf bei der strategischen Aufstellung. Für die wirksame Entfaltung kommunaler Selbstverwaltung ist es aber essenziell, die Prozesse aktiv mitzugestalten und nicht von der technologischen Entwicklung überrollt zu werden. Natürlich fehlen in kleineren Kommunen auch hierfür die Kapazitäten. Umso wichtiger ist die Vernetzung mit anderen Städten und Gemeinden, um Ressourcen zu bündeln", so Dr. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes.
Gleichzeitig muss es gelingen, gerade für kleine und mittlere Kommunen die Hemmnisse bei Einsatz digitaler Technologien zu verringern. Sowohl bei den strategischen Fragen als auch in der Umsetzung und Betreuung stellt das fehlende Personal eine entscheidende Hürde dar – rund die Hälfte der Kommunen (53 Prozent) sieht hier einen großen Handlungsbedarf. Die Kommunen konkurrieren mit allen anderen öffentlichen Sektoren und der Privatwirtschaft um IT-Fachkräfte. Mit Blick auf die angespannte kommunale Haushaltslage ist zudem eine bessere finanzielle Unterstützung durch Bund und Länder zwingend erforderlich. Zusätzliche Finanzmittel, Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote sowie eine stärkere Vernetzung der Kommunen untereinander werden unter den Befragten weiterhin als die sinnvollsten Instrumente angesehen, um die Digitalisierung voranzutreiben.
KI als Perspektive und Aufgabe
Aktuell setzen 8 Prozent der Kommunen bereits KI oder automatisierte Systeme in ihrer Verwaltung ein. "Künstliche Intelligenz ist in den Kommunen angekommen. Spätestens seit dem Hype um die sprachbasierte KI ChatGPT haben Städte und Gemeinden erkannt, dass diese Technologie immense Chancen bieten kann, gerade im Bereich der Automatisierung und der virtuellen Assistenzsysteme bei Verwaltungstätigkeiten. KI kann mittel- und langfristig eine deutliche Entlastung für die Verwaltungen darstellen – ein bedeutender Faktor in Zeiten von Kapazitätsgrenzen", so Dr. Gerd Landsberg.
Peter Dortans, Geschäftsführer des Instituts für Innovation und Technik (iit) in der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH: "Ein Großteil der befragten Kommunen sehen signifikantes Potenzial für Anwendungen der Künstlichen Intelligenz. Dies gilt sowohl bei der gezielten Unterstützung von Mitarbeitenden im Back-Office, beispielsweise bei Routineaufgaben, als auch bei der Entscheidungsfindung oder in der Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern im Front-Office, zum Beispiel mittels Chatbots."
Die größten Hemmnisse erkennt mehr als die Hälfte der Befragten beim Datenschutz, rechtlichen Aspekten sowie der Akzeptanz. "Die rasante technologische Entwicklung im Bereich der Digitalisierung macht ein Umdenken notwendig. Wir können es uns nicht erlauben, die Etablierung eines umfassenden rechtlichen und regulatorischen Rahmenwerks abzuwarten, ehe wir uns in der öffentlichen Verwaltung mit dem Thema KI beschäftigen. Bereits heute existieren zahlreiche KI-basierte Lösungen, die in den Verwaltungen bedenkenlos eingesetzt werden können, etwa um Texte in leichte Sprache umzuwandeln. Gleichzeitig sollten Experimentierräume geschaffen werden, um den umfassenden Einsatz von KI zu erproben und mehr Erfahrungen im praktischen Einsatz zu sammeln", so Landsberg.
Trotz aller Hürden und neuer Aufgaben ist die Motivation der Städte und Gemeinden unverändert groß und das Vertrauen in die Potenziale der Digitalisierung bleibt ungebrochen. "Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die Kommunen in der Lage sind, die Potenziale von KI und automatisierten Systemen auszuschöpfen. Ein erster wichtiger Meilenstein wäre zunächst die Digitalisierung der Kommunalverwaltungen substanziell voranzubringen. Wenn das Fundament geschaffen ist, kann etwa der Einsatz von KI in der Verwaltung durchaus eine Teilstrategie gegen den Fachkräftemangel und für eine nachhaltige Effizienzsteigerung in den Kommunen sein", so Dortans abschließend.
Quelle/Weitere Informationen:Deutscher Städte- und Gemeindebund, Pressemitteilung vom 22. November 2023