Der Volksentscheid zum Tempelhofer Feld in Berlin zeigt: Immer mehr wollen sich einbringen, wenn es um die Gestaltung von Stadt und Stadtteilen geht. 46 Prozent Wahlbeteiligung, das bedeutet: über eine Million Berlinerinnen und Berliner haben sich am 25. Mai 2014 an diesem Projekt beteiligt. Eine erstaunliche Mobilisierung. Ähnliche Verfahren mussten sich in der Vergangenheit mit deutlich geringeren Teilnahmequoten begnügen – Volksentscheide wie auch Europawahlen.
Woher kommt diese starke Beteiligung am Volksentscheid Tempelhofer Feld? Es ist zu kurz gedacht, hier lediglich die gegenseitigen Mobilisierungseffekte eines Super-Wahl-Sonntags heranzuführen. Es ist auch zu kurz gedacht, den Volksentscheid einfach als politischen Massenprotest gegen den Regierenden Bürgermeister und die große Berliner Koalition zu stilisieren. Wirft man einen Blick auf die soziokulturelle Landkarte der Hauptstadt, so zeigt sich: Dort, wo die Zustimmung zum Tempelhofer Feld Gesetz die höchsten Ausschläge verzeichnet, finden sich auch die Hochburgen der kreativen Stadtmilieus. Der Volksentscheid vom Wochenende zeigt sich aus diesem Blickwinkel wie eine Revolte der kulturellen Avantgarde: Eine deutliche Demonstration des Partizipationsanspruchs der modernen kreativen Milieus, die sich in dem Entwicklungsprozess des Masterplans zur Randbebauung auf dem Tempelhofer Feld nicht als Partner auf Augenhöhe mit Politik und Verwaltung verortet fühlen.
Lesehinweis: Der Indexwert 100 steht für den jeweiligen Durchschnittswert von Berlin. Ein Index von 120 bei der Zustimmung in Friedrichshain-Kreuzberg bedeutet, dass die Zustimmung in % der Teilnehmer zum Gesetzentwurf der Trägerin in diesem Bezirk 20 Prozentpunkte über dem Berliner Durchschnittswert liegt. Indexwerte unter 100 stehen entsprechend für Werte, die unter dem jeweiligen Durchschnittswert von Berlin liegen. Die Anteile kreativer und prekärer Milieus in Berlin basieren auf Daten zur räumlichen Verteilung der sozialen Milieus in Berlin auf Basis der Sinus-Milieus, auf die der vhw zurückgreifen kann.