Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (OVG) wird für die Bearbeitung von Streitigkeiten um Windkraftanlagen personell verstärkt. Das erklärte Vizepräsident Sebastian Beimesche beim Jahrespressegespräch am 4. März 2022 und berichtete, dass dafür in Kürze ein zusätzlicher Senat einngerichtet werde. Seit Ende 2020 ist das Gericht landesweit für alle neuen Streitfälle um die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Windenergieanlagen mit einer Höhe von mehr als 50 Metern erstinstanzlich zuständig – und damit faktisch für alle neuen Anlagen. Rund 110 Klagen dieser Art sind inzwischen eingegangen. Die Neuregelung führe beim Oberverwaltungsgericht nicht nur zu mehr Verfahren, sondern auch zu einem höheren Bearbeitungsaufwand, weil nicht mehr auf Vorarbeiten der Verwaltungsgerichte zu den vielfach schwierigen tatsächlichen und rechtlichen Fragen zurückgegriffen werden könne, so das OVG. Es klagen nicht nur Investoren auf eine Genehmigung, sondern auch Nachbarn, Gemeinden oder – in zahlenmäßig wenigen, dafür aber artenschutzrechtlich aufwändigen Verfahren – Naturschutzverbände gegen erteilte Genehmigungen für Windenergieanlagen. "Der angestrebte stärkere Ausbau der erneuerbaren Energien bringt Konflikte mit sich", erklärte Vizepräsident Sebastian Beimesche. "Wir rechnen deshalb mit einem weiteren Anstieg der Verfahren."
Auch viele andere Verfahren spiegeln gesellschaftlich relevante Auseinandersetzungen wider. Beimesche verwies auf weitere Streitigkeiten zu Klimathemen, mit denen das Oberverwaltungsgericht sich in diesem Jahr befassen wird. Umstritten sind etwa der Kohleabbau und die Kohleverstromung, die das Gericht in mehreren Verfahren beschäftigen. Ein Landwirt und zwei Mieter wenden sich in Eilverfahren gegen die vorzeitige Einweisung der RWE Power AG in den Besitz von Grundstücken am Rand der Abbruchkante des Braunkohletagebaus Garzweiler II in Lützerath. Das Oberverwaltungsgericht strebt an, bis Ende März 2022 über die Beschwerden zu entscheiden. Um Kohle geht es auch bei der Klage des BUND gegen die Genehmigungen für das Trianel-Steinkohlekraftwerk in Lünen, über die in diesem Jahr erneut entschieden werden soll. Ein anderes Umweltschutzthema betrifft das Streitverfahren, mit dem die Deutsche Umwelthilfe unter Berufung auf das Unionsrecht durchsetzen möchte, dass Deutschland das Aktionsprogramm zum Schutz von Gewässern vor Nitrat aus der Landwirtschaft fortschreibt. Quelle/Weitere Informationen: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Pressemitteilung vom 4. März 2022