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Der 9. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht (OVG) hat mit Urteil vom 30. September 2020 entschieden, dass die 20-jährige Höchstfrist nach § 11 Abs. 3 Nr. 1 NKAG für eine Beitragserhebung auch dann gilt, wenn die Heranziehung vor Inkrafttreten der Bestimmung zum 1. April 2017 erfolgte (Az.: 9 LC 110/18).
Die Kläger, Eigentümer eines an der Straße "Am Helleberg" in Goslar gelegenen Grundstücks, wenden sich gegen die Heranziehung zu einem Erschließungsbeitrag. Die beklagte Stadt Goslar stellte in den Jahren 1979 und 1980 sowie im Jahr 1991 ein ca. 160 Meter langes Teilstück der Straße her. Im August 1996 baute sie die Straße auf der übrigen Länge aus. Im September 1996 erfolgte die Abnahme der Straße. Zu diesem Zeitpunkt lag noch kein Bebauungsplan für die Straße insgesamt vor.
Nachdem die Beklagte im August 2015 für den südlichen Teil der Straße erstmals einen Bebauungsplan in Kraft setzte und im November 2015 die Straße "Am Helleberg" widmete, zog sie den Rechtsvorgänger der Kläger im Februar 2016 zu einem Erschließungsbeitrag i. H. v. rund 3.000 Euro heran.
Auf die hiergegen erhobene Klage hob das Verwaltungsgericht Braunschweig mit Urteil vom 21. Juni 2018 den Bescheid mit der Begründung auf, die Erhebung von Erschließungsbeiträgen verstoße gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, da es die Beklagte nach technischer Herstellung der Straße "Am Helleberg" treuwidrig über einen Zeitraum von beinahe 20 Jahren unterlassen habe, diese zu widmen.
Dem ist der Senat entgegengetreten. Zwar folge aus dem rechtstaatlichen Gebot der Belastungsklarheit und -vorhersehbarkeit, dass es einer gesetzlich bestimmten zeitlichen Höchstgrenze für die Beitragserhebung nach Entstehung der Vorteilslage bedarf. Dies habe das Bundesverfassungsgericht bereits im Jahr 2013 klargestellt (BVerfG, Beschluss vom 5.3.2013 – 1 BvR 2457/08). Der Niedersächsische Gesetzgeber habe diesem Erfordernis aber durch die Schaffung einer gesetzlichen Höchstgrenze in § 11 Abs. 3 Nr. 1 NKAG Rechnung getragen, wonach die Festsetzung eines Beitrages 20 Jahre nach Entstehen der Vorteilslage nicht mehr zulässig ist. Diese zum 1. April 2017 in Kraft getretene Bestimmung habe das Verwaltungsgericht bei seiner Entscheidung unberücksichtigt gelassen. Sie finde aber zugunsten der Beitragspflichtigen auch auf Fälle Anwendung, in denen - wie vorliegend - die Vorteilslage und der Bescheiderlass vor Inkrafttreten der Bestimmung lägen. Für den Zeitpunkt des Eintritts der Vorteilslage sei dabei grundsätzlich auf die technische Durchführung des gemeindlichen Bauprogramms abzustellen, d. h. regelmäßig auf den Zeitpunkt der Abnahme der Baumaßnahmen. Demgegenüber scheide der vom Verwaltungsgericht erfolgte Rückgriff auf den Grundsatz von Treu und Glauben in aller Regel aus.
Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht hat der Senat nicht zugelassen. Die Entscheidung kann aber mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden und ist bis zum Ablauf der dafür geltenden Fristen noch nicht rechtskräftig. Quelle/Weitere Informationen: Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, Pressemitteilung vom 30. September 2020