In einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren hat das Landessozialgericht in Erfurt ein Jobcenter zur Beschaffung eines internetfähigen Computers zur Teilnahme an pandemiebedingtem Hausschulunterricht verpflichtet (Az.: L 9 AS 862/20 B ER).
Die Antragstellerin bezieht SGB II-Leistungen und besucht die 8. Klasse der Staatlichen Grund- und Regelschule. Ihre Mutter beantragte beim Jobcenter die Übernahme der Kosten für einen Computer sowie Drucker nebst Zubehör für den Schulunterricht. Das Jobcenter verneinte ebenso wie das SG Nordhausen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren einen Anspruch. Die Antragstellerin legte daraufhin Beschwerde ein.
Das LSG Erfurt hat den Beschluss des Sozialgerichts abgeändert und das Jobcenter im Wege der Einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ein internetfähiges Endgerät nebst Zubehör (Bildschirm, Tastatur, Maus, Drucker und drei Druckerpatronen) zur Verfügung zu stellen. Alternativ könne das Jobcenter diese Verpflichtung auch dadurch zu erfüllen, dass es die Kosten i.H.v. maximal 500 Euro für die Beschaffung durch die Antragstellerin selbst übernehme. Im Übrigen hat das Landessozialgericht die Beschwerde zurückgewiesen.
Nach Auffassung des Landessozialgerichts stellen die geltend gemachten Kosten einen nach § 21 Abs. 6 SGB II anzuerkennenden unabweisbaren laufenden Mehrbedarf dar. Der Bedarf für die Anschaffung eines internetfähigen Computers nebst Zubehör zur Teilnahme am Schulunterricht im heimischen Umfeld sei im Regelbedarf nicht berücksichtigt. Damit sei der Regelbedarf jedenfalls unter den gegenwärtigen Umständen der Pandemie nicht mehr in realitätsgerechter Weise zutreffend erfasst. Die Anschaffung eines internetfähigen Endgerätes sei mit der ab 16.12.2020 erfolgten Schließung des Präsenzunterrichts zur Verwirklichung des Rechts der Antragstellerin auf Bildung und Chancengleichheit erforderlich geworden. Während der pandemiebedingten Schließung des Präsenzunterrichts ermögliche die Zurverfügungstellung eines solchen internetfähigen Computers der Antragstellerin, auf die Thüringer Schulcloud zuzugreifen. Der Bedarf sei auch unabweisbar. Im Haushalt der Familie der Antragstellerin sei lediglich ein internetfähiges Smartphone vorhanden, welches für die Benutzung der Schulcloud ungeeignet sei. Nach jetzigem Stand werde kein Gerät von der Schule oder einer sonstigen dritten Person zur Verfügung gestellt.
Die Antragstellerin habe jedoch keinen Anspruch auf das von ihr ausgewählte Gerät, dessen Preis sie im Verwaltungsverfahren mit 720 Euro ohne Druckerpatronen beziffert habe. Nach dem SGB II bestehe kein Anspruch auf bestmögliche Versorgung, sondern nur auf Befriedigung einfacher und grundlegender Bedürfnisse. Die Antragstellerin müsse sich daher auf ein kostengünstiges und ggf. gebrauchtes zweckentsprechendes Gerät verweisen lassen. Die Verpflichtung aus der Einstweiligen Anordnung könne der Antragsgegner erfüllen, indem er der Antragstellerin entweder ein internetfähiges Endgerät nebst Zubehör zur Verfügung stellt oder wahlweise auch dadurch, dass er die Kosten für die Anschaffung der genannten Objekte, welche das Landessozialgericht auf maximal 500 Euro schätze, übernehme.
Die damit verbundene Vorwegnahme der Hauptsache sei vor dem Hintergrund der Gewährung effektiven Rechtschutzes gerechtfertigt.
Die Entscheidung ist unanfechtbar. Quelle/Weitere Informationen: Landessozialgericht Thüringen in Erfurt, Pressemitteilung vom 19. Januar 2021