Klage der Deutschen Umwelthilfe erfolgreich: OVG verurteilt die Bundesregierung zur Änderung des Nationalen Luftreinhalteprogramms

Juli 2024

Der 11. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat auf eine Klage der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) mit Urteil vom 23. Juli 2024 die Bundesregierung zur Änderung des Nationalen Luftreinhalteprogramms verurteilt (Az.: OVG 11 A 16.20).

Das Nationale Luftreinhalteprogramm (NLRP) enthält die Maßnahmen, mit denen die Verpflichtungen zur Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe, insbesondere Ammoniak, Feinstaub, Schwefeldioxid und Stickstoffoxid, nach der sog. NEC-Richtlinie umgesetzt werden sollen. Die Bundesregierung hatte im Jahr 2019 ein NLRP beschlossen, das mit Kabinettsbeschluss vom 15. Mai 2024 aktualisiert wurde. Die DUH hält dieses Programm für ungenügend.

Das Oberverwaltungsgericht hat der Deutschen Umwelthilfe teilweise Recht gegeben. Der 11. Senat geht davon aus, dass die dem Luftreinhalteprogramm zu Grunde liegende Prognose fehlerhaft ist, weil teilweise nicht die aktuellsten Daten eingestellt und Veränderungen in der Planung der Maßnahmen nicht berücksichtigt wurden. Unter anderem wurde der Klimaschutz-Projektionsbericht 2021 berücksichtigt, aber nicht mehr der im August 2023 erschienene Klimaschutz-Projektionsbericht 2023. Weiterhin beanstandet der Senat, dass bei der Maßnahme "65 Prozent erneuerbare Energien beim Einbau von neuen Heizungen" die Novelle des Gebäudeenergiegesetzesin der im September 2023 beschlossenen Fassung nicht berücksichtigt wurde. Diese erlaubt etwa den Betrieb von Holzpelletheizungen, die zu einer stärkeren Luftverschmutzung mit Feinstaub führen. Im Zusammenhang damit stehende Änderungen bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude blieben gleichfalls unberücksichtigt. Ebenfalls nicht prognosefehlerfrei ist die Maßnahme "Beschleunigter Ausstieg aus der Kohleverstromung idealerweise bis 2030". Diese geht bei der Berechnung des Minderungspotenzials noch davon aus, dass bis zum 31.  Dezember 2029 alle Kohlekraftwerke vom Netz gehen. Im Rahmen des Maßnahmepakets Verkehr sieht der Senat einen Prognosefehler im Hinblick auf die Berücksichtigung der Euro-7-Abgasnorm. Diese legt entgegen der hier noch berücksichtigten Planung weniger strenge Grenzwerte für PKW fest. Zudem wurde die dem Maßnahmepaket zur Förderung der Elektromobilität zu Grunde gelegte staatliche Förderung für den Kauf von Elektro-PKW zwischenzeitlich gestoppt.

Das Gericht führt aus, das ausgehend von diesen Prognosefehlern die Bundesregierung zu einer entsprechenden Änderung des Luftreinhalteprogramms verpflichtet sei. Dabei habe sie darauf zu achten, dass die Maßnahmen geeignet seien, die in der NEC-Richtlinie festgelegten Reduktionspflichten der Bundesrepublik Deutschland einzuhalten. Hingegen sei sie nicht verpflichtet, von 2025 bis 2029 einen sog. „linearen Reduktionspfad“ mit stetig steigenden Reduktionspflichten zu beschließen, der bis auf die ab 2030 geltenden Reduktionsverpflichtungen ansteige. Aus diesem Grunde sei der Klage nur mit dem Hilfsantrag stattgegeben worden.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde zugelassen.

Quelle/Weitere Informationen: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Pressemitteilung vom 23. Juli 2024