Die Sanktionsregelungen für Pflichtverstöße von Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfängern werden für ein Jahr ausgesetzt. Der Bundesrat hat am 10. Juni 2022 entsprechende Änderungen des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches gebilligt, die der Bundestag beschlossen hatte (Gesetzesbeschluss, BT Drs. 222/22).
Bürgergeld geplant
Grund für das Moratorium ist einerseits die im Koalitionsvertrag vereinbarte Einführung eines Bürgergeldes, im Zuge derer auch das Sanktionsregime umfassend neugeregelt werden soll. Anderseits muss der Gesetzgeber eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2019 umsetzen. Dieses hatte die bisherigen Sanktionen teilweise für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt.
Übergangslösung
Als Zwischenschritt zu einer gesetzlichen Neuregelung setzt das Gesetz die Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen befristet für ein Jahr ab Inkrafttreten aus. Danach soll das Bürgergeld die Mitwirkungspflichten und die Folgen der Verstöße neu regeln. Die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse - ergänzt um die praktischen Erfahrungen aus der Zeit der Pandemie - sollen ausgewertet und in die Konzeption des Bürgergeldes einbezogen werden.
Durch die Aussetzung der Sanktionsvorschrift in § 31a SGB II sind im Zeitraum des Moratoriums Pflichtverletzungen nicht sanktionierbar. Verminderte Bezüge, die die Behörden vor Inkrafttreten des Gesetzes festgelegt haben, sind dann wieder in voller Höhe zu zahlen.
Ausnahme: Wiederholte Terminverletzungen
Bei wiederholten Meldeversäumnisse oder Terminverletzungen erfolgen allerdings auch künftig Leistungskürzungen von bis zu 10 Prozent des Regelsatzes.
Inkrafttreten zur Jahresmitte
Nach Abschluss des parlamentarischen Verfahrens kann das Gesetz nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet, ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden und wie geplant zum 1. Juli 2022 in Kraft treten. Quelle/Weitere Informationen: Bundesrat KOMPAKT vom 10. Juni 2022
Das Bundeskabinett hat am 16. März 2022 den Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Regierungsentwurf), das sogenannte "Sanktionsmoratorium", beschlossen. Nach dem Entwurf werden die Sanktionen wegen Pflichtverletzungen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende bis zum 31. Dezember 2022 ausgesetzt. Durch die Aussetzung können bis dahin keine Sanktionen bei Pflichtverletzungen verhängt werden. Wer ohne wichtigen Grund nicht zu vereinbarten Terminen im Jobcenter erscheint, muss − wie bisher auch − weiterhin mit leistungsrechtlichen Konsequenzen rechnen.
Der Koalitionsvertrag sieht die Einführung eines Bürgergeldes vor. In diesem Zusammenhang soll auch die vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 2019 (Urteil vom 05.11.2019) geforderte gesetzliche Neuregelung der Sanktionen in der Grundsicherung für Arbeitsuchende erfolgen. Als Zwischenschritt zu einer gesetzlichen Neuregelung werden die Sanktionen bei Pflichtverletzungen ausgesetzt, ab 1. Januar 2023 soll das Bürgergeld die Mitwirkungspflichten auf der Basis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes neu regeln. Die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse könnten ausgewertet und in die Konzeption des Bürgergeldes einbezogen werden, so das Bundesarbeitsministerium. Hierbei würden auch die praktischen Erfahrungen aus der Zeit der Pandemie auf den Prüfstand gestellt, in der aufgrund der Kontaktbeschränkungen neue Wege der Zusammenarbeit zwischen Jobcentern und Leistungsberechtigten gefunden wurden. Quelle/Weitere Informationen: Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Pressemitteilung vom 16. März 2022