Das erste Wohnhaus Deutschlands, das mittels eines 3D-Betondruckers erstellt wurde, ist bezugsfertig. Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, hat das Gebäude in Beckum am Montag, 26. Juli 2021, offiziell eröffnet. Das Land Nordrhein-Westfalen hat das Projekt genehmigt und im Rahmen seines Förderprogramms "Innovatives Bauen" finanziell mit knapp 200.000 Euro unterstützt. Der Bau in Westfalen stieß seit Baubeginn Anfang September vergangenen Jahres weit über die Grenzen Deutschlands hinaus auf großes Interesse bei Vertretern von Medien, Bauwirtschaft und Planern.
Geplant wurde das Gebäude vom Beckumer Ingenieur- und Architektenbüro Mense-Korte, die technische Umsetzung erfolgte durch die PERI AG. Entstanden ist ein zweigeschossiges Einfamilienhaus mit insgesamt etwa 160 Quadratmetern Wohnfläche. Mit dem 3D-Druck ist ein komplett neues Bauverfahren umgesetzt worden, das es bisher in der Baupraxis in dieser Form nicht gab. Im Rahmen von Einzelfallentscheidungen der obersten Bauaufsicht im Bauministerium von NRW mussten insbesondere Kennwerte für die Berechnung der Standsicherheit bestimmt werden. Dazu fanden in der TU München zahlreiche Materialprüfungen statt.
Das Bauministerium von NRW sieht im 3D-Druck viele Vorteile gegenüber herkömmlichen Bauverfahren. Der 3D-Drucker sei flexibel und schnell einsetzbar, so dass sich die erforderlichen Ressourcen verringerten. Denn es müssten nicht mehr viele verschiedene Baustoffe auf der Baustelle zu einem Wandelement zusammengebaut werden. Dadurch ergebe sich eine Zeitersparnis und eine Verschlankung der Bauabläufe. Um die finanziellen und zeitlichen Vorteile zu evaluieren, seien Pilotprojekte notwendig. Da beim 3D-Druck auf Digitalisierung gesetzt werde, könnten bis zu drei Mitarbeiter den Herstellungsprozess abwickeln. Das sei vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in der Bauwirtschaft ein entscheidender Vorteil. Da im Schichtbetrieb gearbeitet werden könne, werde die Bauzeit deutlich gesenkt. Zudem könnten mit dem Druckverfahren aufwändige Arbeiten – etwa Rundungen im Gebäude – unkompliziert erledigt werden.
Von dem Pilotprojekt in Beckum werden Ergebnisse und Erfahrungen erwartet, die beispielgebend für die gesamte Baubranche sein dürften, so das Ministerium. Das Pilotprojekt in Beckum habe eine weitreichende Vorbildfunktion: Was in Nordrhein-Westfalen – technisch und rechtlich – funktioniere, dürfe auch an vielen anderen Orten umsetzbar sein. Vor diesen Hintergründen sei es wichtig, in ganz Deutschland mit entsprechenden Projekten zu starten, damit nicht nur die Forschung in Nordrhein-Westfalen stattfinde, sondern anschließend auch die Wertschöpfung. Das neue Bauverfahren wurde bereits mit dem branchenübergreifenden "German Innovation Award" 2021 ausgezeichnet.
Das Ministerium fördert die Digitalisierung des Bauwesens: Mit dem Haushalt 2020 ist erstmalig das neue Programm "Digitalisierung der Bauwirtschaft und innovatives Bauen" aufgelegt worden. Im Haushaltsansatz 2021 stehen 2,5 Millionen Euro für innovative Projekte bereit. Zielsetzung des Programms ist es, im Bereich des Bauwesens Grundsteine für innovative Zukunftstechnologien zu legen und die technologischen und wirtschaftlichen Chancen weiterzuentwickeln. Quelle/Weitere Informationen: NRW-Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung, Pressemitteilung vom 26. Juli 2021 / PERI AG, Pressemitteilung vom 28. Juli 2021