Eine Nachbargemeinde kann sich gegen die Genehmigung eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs im beplanten Innenbereich nur dann mit Erfolg wenden, wenn das Vorhaben zu schädlichen Auswirkungen auf deren zentrale Versorgungsbereiche führt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht am 24. April 2024 entschieden (BVerwG 4 C 1.23).
Die Klägerin, eine kreisfreie Stadt mit etwa 78.000 Einwohnern, wendet sich gegen eine der Beigeladenen von der Beklagten erteilte Genehmigung für den Neubau eines Sportfachmarkts mit einer Verkaufsfläche von mehr als 3500 m2 . Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans "Brinkum-Nord Sportfachmarkt", den das Oberverwaltungsgericht auf den Normenkontrollantrag der Klägerin für unwirksam erklärt hat. Der Markt ist inzwischen errichtet und seit März 2021 in Betrieb.
Widerspruch und Klage gegen die Baugenehmigung blieben erfolglos. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht die Baugenehmigung aufgehoben. Diese sei rechtswidrig, weil das Vorhaben bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Der aktuelle Bebauungsplan sei unwirksam, die Vorgängerbebauungspläne ließen das Vorhaben nicht zu. Hierdurch werde die Klägerin in ihren Rechten aus § 11 Abs. 3 BauNVO verletzt. Die Vorschrift begründe für die darin genannten Vorhaben auch im Interesse der Nachbargemeinden ein Planungserfordernis, sofern nicht ausnahmsweise eine Genehmigung nach § 34 BauGB erteilt werden könne. Eine Nachbargemeinde könne sich daher, wenn von dem Vorhaben unmittelbare Auswirkungen gewichtiger Art auf ihre zentralen Versorgungsbereiche ausgingen, gegen dessen Genehmigung wenden, solange es an einer wirksamen Planung fehle.
Das Bundesverwaltungsgericht hat das Urteil aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Zur Begründung führt es aus: „§ 11 Abs. 3 BauNVO dient nicht dem Schutz von Nachbargemeinden. Auch ein Rückgriff auf das für die Bauleitplanung geltende Gebot der interkommunalen Abstimmung (§ 2 Abs. 2 BauGB) scheidet aus. Der Rechtsschutz bestimmt sich nach der maßgeblichen bauplanungsrechtlichen Zulassungsnorm. Beurteilt sich – wie hier wegen des ´Zurückfallens´ auf einen früheren Bebauungsplan – die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens im Sinne von § 11 Abs. 3 BauNVO nach § 30 BauGB, richtet sich der in diesen Fällen durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gebotene Rechtsschutz der Nachbargemeinde nach dem auch hier heranzuziehenden Maßstab des § 34 Abs. 3 BauGB. Schädliche Auswirkungen im Sinne dieser Vorschrift gehen von dem Sportfachmarkt auf zentrale Versorgungsbereiche der Klägerin nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts im Normenkontrollurteil nicht aus.“
Quelle/Weitere Informationen: Bundesverwaltungsgericht, Pressemitteilung vom 24. April 2024