BVerwG bestätigt: Bremer Polizeigebühr bei Hochrisiko-Veranstaltungeng im Prinzip rechtmäßig

April 2019

Für den besonderen Polizeiaufwand aus Anlass einer kommerziellen Hochrisiko-Veranstaltung darf grundsätzlich eine Gebühr erhoben werden. Das entschied am 29. März 2019 das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) und bestätigte im Wesentlichen den Rechtsstandpunkt des Oberverwaltungsgerichts (OVG).

Nach § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes wird von Veranstaltern einer gewinnorientierten Großveranstaltung unter bestimmten Umständen eine Gebühr erhoben. Vorausgesetzt werden erfahrungsgemäß zu erwartende Gewalthandlungen im räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Veranstaltung, die den Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte vorhersehbar erforderlich machen. Die Gebühr ist anhand näherer Maßgaben nach dem polizeilichen Mehraufwand zu berechnen.

Bei der Einführung einer Gebühr müsse der Gesetzgeber stets berücksichtigen, dass der Gebührenpflichtige zugleich auch Steuerzahler ist, erläutert das BVerwG. Eine Gebühr bedürfe deshalb einer besonderen Rechtfertigung. Diese liege hier darin, dass die Polizei einen erheblichen Mehraufwand gerade aus Anlass einer kommerziellen Hochrisiko-Veranstaltung betreiben müsse. Dieser zusätzliche Aufwand dürfe dem Veranstalter zugerechnet werden. Denn dieser sei für den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung auf die zusätzliche Polizeipräsenz angewiesen. Der Veranstalter werde nicht etwa als Veranlasser einer Störung der öffentlichen Sicherheit in Anspruch genommen, sondern vielmehr als Nutznießer einer besonders aufwendigen polizeilichen Sicherheitsvorsorge.

Unsicherheiten, die wegen der auslegungsbedürftigen Voraussetzungen des Gebührentatbestandes und insbesondere im Hinblick auf die Höhe des polizeilichen Mehraufwandes und damit der Gebühr bestünden, erreichten kein unzumutbares Ausmaß. Das gelte v.a. deshalb, weil das Gesetz an „erfahrungsgemäß“ zu erwartende Gewalthandlungen anknüpft. Für den Fußball verfügten sowohl die Polizei als auch die Veranstalter über einschlägige Erfahrungen. Soweit es in anderen Bereichen noch keine ausreichenden Erfahrungen gebe, dürfe nach dem Gesetz auch keine Gebühr erhoben werden. Außerdem habe der Gebührenschuldner Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle. Die Polizei müsse also den von ihr betriebenen Aufwand nachträglich rechtfertigen.

Die Gebühr sei auch nicht unverhältnismäßig, obwohl sie eine beträchtliche Höhe erreichen könne. Der Gesetzgeber knüpfe ausschließlich an gewinnorientierte Veranstaltungen an. Damit stehe die Gebühr regelmäßig in einer angemessenen Relation zu dem wirtschaftlichen Ergebnis, das der Veranstalter – auch dank des verstärkten Polizeieinsatzes – erzielen könne.

Nach Auffassung des BVerwG durfte die beklagte Hansestadt Bremen statt des Heimvereins Werder Bremen die DFL GmbH auf Zahlung der Gebühr in Anspruch nehmen. Aufgrund der Zusammenarbeit beider Akteure im Rahmen des Wettbewerbs Bundesliga sei die DFL GmbH als Mitveranstalter des betreffenden Fußballspiels anzusehen. Den internen Ausgleich habe die Beklagte den Beteiligten überlassen dürfen.

Weiteren Klärungsbedarf gäbe es aber noch bei der Frage, ob und inwieweit bestimmte Kosten – insbesondere für die nicht unerhebliche Zahl polizeilicher Ingewahrsamnahmen anlässlich des fraglichen Fußballspiels – vorrangig gegenüber einzelnen Störern geltend zu machen waren. Dabei gehe es um die Auslegung des Bremischen Landesrechts sowie um die Feststellung von Tatsachen. Da das BVerwG dazu nicht berufen ist, hat es das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen (Urteil vom 29.03.2019, Az.: BVerwG 9 C 4.18). Quelle/Weitere Informationen: Bundesverwaltungsgericht, Pressemittteilung vom 29. März 2019


OVG Bremen: DFL muss für Polizeieinsätze bei Fußballspielen zahlen

Das Oberverwaltungsgericht Bremen (OVG) hat mit einem am 21. Februar 2018 verkündeten Urteil entschieden, dass der ge­gen die Deutsche Fußball Liga GmbH (DFL) ergangene Gebührenbescheid der Polizei Bremen vom 18. August 2015 rechtmäßig ist (Urteil vom 01.02.2018, Az.: 2 LC 139/17). Mit dem Bescheid ist für den Ein­satz zusätzlicher Polizeikräfte anlässlich des Fußball-Bundesligaspiels SV Wer­der Bremen gegen den Hamburger SV am 19. April 2015 im Bremer Weserstadi­on eine Gebühr in Höhe von 425.718,11 Euro erhoben worden, die im Beru­fungsverfahren auf 415.000,00 Euro ermäßigt wurde. Um Auseinandersetzungen zwischen gewaltbereiten Anhängern beider Vereine zu verhindern, waren 969 Polizeibeamte im Einsatz.

Das OVG hat – anders als das Verwaltungsgericht in erster Instanz – die Recht­mäßigkeit des Gebührenbescheides bejaht. Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes, auf die der Bescheid gestützt ist, sei verfassungsgemäß. Die Vorschrift sei mit der Finanzverfassung des Grund­gesetzes vereinbar. Danach erfolgt die Finanzierung staatlicher Aufgaben in Bund und Ländern in erster Linie aus Steuern. Das Gericht führt weiter aus, es sei Aufgabe des Staates, die öf­fentliche Sicherheit zu gewährleisten und diese Kernaufgabe durch Steuern zu fi­nanzieren. Allerdings hätte der Gesetzgeber einen weiten Entscheidungs-und Ge­staltungsspielraum, für welche Leistungen er Gebühren erheben will, wenn diese individuell zurechenbar sind. Die Erhebung einer Gebühr für den Einsatz zusätz­licher Polizeikräfte knüpfe zulässigerweise an die besondere Verantwortlichkeit der Klägerin an. Als Veranstalterin ziehe sie einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Veranstaltung, an deren störungsfreien Durchführung sie ein besonderes Interes­se habe. Die Größe der Veranstaltung und hohe Zuschauerzahlen erhöhten die At­traktivität von Veranstaltungen und seien auch bewusst angelegt. Zudem würden Großveranstaltungen per se ein erhöhtes Gefahrenpotential in sich bergen und schließ­lich stehe der Veranstalter der Veranstaltung näher als die Allgemeinheit, wenn sich das Gefahrenpotential, das eine Großveranstaltung in sich birgt, absehbar realisiere. ...

Den Gebührentatbestand des § 4 Abs. 4 BremGebBeitrG hat das Gericht als er­füllt und insbesondere die Klägerin als (Mit-)Veranstalterin des Fußball-Bundesligaspiels angesehen. Diese durfte auch als Gebührenschuldnerin in An­spruch genommen werden, da mehrere Kostenschuldner nach § 13 Abs. 4 BremGebBeitrG als Gesamtschuldner haften, so das OVG. Damit konnte die Beklagte den Gebührenschuldner nach ihrem Ermessen auswählen. Ihre Wahl konnte sie unter dem Blickwinkel der Verwaltungspraktikabilität treffen, sie wäre auch nicht ver­pflichtet gewesen, die Gründe für ihre Auswahl darzulegen. Schließlich hat das Gericht die Gebührenfestsetzung auch der Höhe nach für rechtmäßig erachtet.

Das OVG Bremen hat die Revision zum Bundesverwaltungsgericht ge­gen sein Urteil zugelassen. Quelle/Weitere Informationen: Pressemitteilung des Oberverwaltungsgerichts Bremen vom 21. Februar 2018