Bundesverfassungsgericht: Verfassungsbeschwerde gegen Tübinger Verpackungssteuersatzung erfolglos

Januar 2025

Mit dem am 22. Januar 2025 veröffentlichtem Beschluss vom 27. November 2024 (Az.: 1BvR 1726/23) hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde gegen die Satzung der Universitätsstadt Tübingen über die Erhebung einer Verpackungssteuer (Verpackungssteuersatzung) zurückgewiesen.

Mit der Verpackungssteuersatzung erhebt die Universitätsstadt Tübingen seit dem 1. Januar 2022 eine Steuer auf den Verbrauch nicht wiederverwendbarer Verpackungen sowie nicht wiederverwendbaren Geschirrs und Bestecks, sofern Speisen und Getränke darin bzw. damit für den unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle oder als mitnehmbares take-away-Gericht oder -Getränk verkauft werden. Zur Entrichtung der Steuer ist der Endverkäufer von entsprechenden Speisen und Getränken verpflichtet.

Die Beschwerdeführerin, die ein Schnellrestaurant im Gebiet der Universitätsstadt Tübingen betrieb, stellte einen Normenkontrollantrag. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg erklärte daraufhin die Verpackungssteuersatzung mit Urteil vom 29. März 2022 für unwirksam. Soweit die Steuer auf die für den Verkauf von Speisen und Getränken "als mitnehmbares take-away-Gericht oder -Getränk" verwendeten Einwegartikel erhoben werde, fehle es an der "Örtlichkeit" des Verbrauchs dieser Artikel im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG und damit an der Gesetzgebungskompetenz. Dies habe die Gesamtunwirksamkeit der Satzung zur Folge, führte der Verwaltungsgerichtshof zur Begründung an.

Mit Urteil vom 24. Mai 2023 hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs abgeändert und den Normenkontrollantrag im Wesentlichen abgelehnt. Die normative Gestaltung des Steuertatbestands gewährleiste bei sachgerechtem Verständnis den verfassungsrechtlich geforderten örtlichen Bezug des Verbrauchs auch insoweit, als die Steuerpflicht an den Verkauf von Speisen und Getränken "als mitnehmbares take-away-Gericht oder -Getränk" anknüpfe. Die Verpackungssteuer sei auch im Übrigen mit der von Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Berufsausübungsfreiheit der Endverkäufer vereinbar.

Gegen diese Entscheidung wendete sich die Beschwerdeführerin mit ihrer Verfassungsbeschwerde, die das Bundesverfassungsgericht zurückwies. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Zwar greife die Erhebung der als Lenkungsteuer ausgestalteten Verpackungssteuer in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit der Endverkäufer ein. Dieser Eingriff sei jedoch formell und materiell verfassungsgemäß.

I. Die Universitätsstadt Tübingen könne sich für die Verpackungssteuersatzung auf die Steuergesetzgebungskompetenz der Länder für die Erhebung örtlicher Verbrauchsteuern nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, § 9 Abs. 4 Kommunalabgabengesetz Baden-Württemberg berufen. Insbesondere handele es sich bei der Verpackungssteuer um eine "örtliche" Verbrauchsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG. …

II. Die Verpackungssteuer der Universitätsstadt Tübingen verletze keine sich aus dem Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung oder aus dem Grundsatz der Bundestreue abzuleitenden Schranken. …

III. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die zur Erzielung von Einnahmen geeignete und erforderliche Verpackungssteuer der Universitätsstadt Tübingen die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit unzumutbar beeinträchtige. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine die Geschäftsaufgabe erzwingende Wirkung der Verpackungssteuer in Bezug auf durchschnittlich ertragsstarke Betriebe im Gebiet der Universitätsstadt Tübingen. Im Verfassungsbeschwerdeverfahren seien keine Anhaltspunkte für verstärkte Geschäftsaufgaben betroffener Unternehmen im Anschluss an das Inkrafttreten der Verpackungssteuersatzung vorgebracht worden. …

Quelle/Weitere Informationen: Bundesverfassungsgericht, Pressemitteilung Nr. 6/2025 vom 22. Januar 2025

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