Bundesrat will kommunales Vorkaufsrecht stärken

April 2022

Der Bundesrat setzt sich dafür ein, das kommunale Vorkaufsrecht zum Erhalt bezahlbaren Wohnraums zu stärken. Am 8. April 2022 fasste er auf Initiative der Länder Berlin, Hamburg und Bremen eine Entschließung (BR Drs. 133/22), die sich an die Bundesregierung richtet.

Sozial ausgewogene Quartiere schützen
Angesichts steigender Bodenrichtwerte, Grundstückskaufpreise, Mieten und Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen bedürfe es eines starken und effektiven staatlichen Instruments - insbesondere in sozialen Erhaltungsgebieten. Zum Schutz der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung und zum Erhalt lebendiger, sozial ausgewogener städtischer Quartiere mit bezahlbaren Mieten reiche der Genehmigungsvorbehalt für bauliche Maßnahmen bzw. Umwandlungen allein nicht aus, betont der Bundesrat.

Schnelle Gesetzesänderung gefordert
Daher fordert er die Bundesregierung auf, schnellstmöglich einen Gesetzentwurf in den Bundestag einzubringen, um das Baugesetzbuch anzupassen: Das Vorkaufsrecht zum Milieuschutz drohe derzeit de facto leerzulaufen. Es müsse aber künftig wieder genauso effektiv und wirksam ausgeübt werden können wie die anderen Vorkaufsrechte. Kommunen müssten in die Lage versetzt werden, maßgeblich zu berücksichtigen, ob der Käufer eines Grundstücks in Zukunft erhaltungswidrige Nutzungsabsichten verfolgt.

Reaktion auf höchstrichterliche Rechtsprechung
Der Entschließungsantrag ist aus Sicht des Bundesrates notwendig, weil ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. November 2021 der bisherigen Praxis zum Vorkaufsrecht weitgehend die Grundlage entzogen habe. Demnach sei das Vorkaufsrecht in sozialen Erhaltungsgebieten künftig schon dann ausgeschlossen, wenn das Grundstück zum Zeitpunkt des geplanten Verkaufs entsprechend den Zielen und Zwecken der Erhaltungssatzung bebaut ist und genutzt wird. Selbst wenn die Gemeinde Anhaltspunkte für die Annahme habe, dass der Käufer in Zukunft erhaltungswidrige Nutzungsabsichten verfolgen werde, reiche das zur Begründung des Vorkaufsrechts nicht mehr aus.

Auf mögliche zukünftige, zu einer Verdrängung der angestammten Wohnbevölkerung führende Entwicklungen könnten die Kommunen nicht mehr reagieren, daher sei gesetzgeberischer Handlungsbedarf gegeben.

Bundesregierung entscheidet
Die Entschließung wurde der Bundesregierung zugeleitet. Sie entscheidet, wann sie sich mit dem Appell der Länder befasst. Feste Fristen gibt es hierfür nicht.

Quelle/Weitere Informationen: Bundesrat KOMPAKT vom 8. April 2022


Januar 2022

Vorkaufsrechte stärken – Berlin, Hamburg und München starten gemeinsame Initiative

Die Regierende Bürgermeisterin von Berlin, Franziska Giffey, der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Peter Tschentscher, und der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München, Dieter Reiter, haben sich am 21. Januar 2022 auf eine gemeinsame Initiative zur Stärkung des gemeindlichen Vorkaufsrechts verständigt. Insbesondere auf angespannten Wohnungsmärkten in Gebieten mit Sozialen Erhaltungsverordnungen sind Vorkaufsrechte ein wichtiges Instrument, um gewachsene Strukturen von Bewohnerinnen und Bewohnern vor Verdrängung zu schützen, bezahlbaren Mietwohnraum zu erhalten und Immobiliengeschäften mit spekulativer Absicht entgegenzuwirken. Hintergrund der gemeinsamen Initiative ist ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. November 2021, das eine vorsorgliche Nutzung des Vorkaufsrechts zu diesem Zweck untersagt. Die Bürgermeister:innen der drei größten deutschen Städte betonen die Wichtigkeit einer gesetzlichen Neuregelung des gemeindlichen Vorkaufsrechts auf Bundesebene, weil nur so eine rechtssichere Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts zum Schutz der Wohnbevölkerung gewährleistet werden kann. Sie sehen dringenden Handlungsbedarf und werden sich auf Landes- und Bundesebene für eine Stärkung des gemeindlichen Vorkaufsrechts einsetzen. Gleichzeitig appellieren sie an den Bundesgesetzgeber und an die Länder, an einer bundesweiten Lösung mitzuwirken.

In seinem Urteil vom 9. November 2021 hatte das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts ausgeschlossen ist, wenn das Grundstück zum Ausübungszeitpunkt im Sinne der Sozialen Erhaltungssatzung regulär genutzt wird. Das Bundesverwaltungsgericht hatte die gesetzliche Vorschrift (hier § 26 Nr. 4 Alt. 2 Bau-Gesetzbuch) so ausgelegt, dass es ausschließlich auf den Zustand zum Zeitpunkt des Verkaufs ankommt und nicht auf etwaige Absichten des Käufers in der Zukunft.

Das bedeutet, dass in Stadtteilen mit Milieuschutzsatzungen das gemeindliche Vorkaufsrecht nicht ausgeübt werden kann und mit Erwerbern auch keine sogenannten Abwendungserklärungen geschlossen werden können, wenn nur für Bewohnerinnen und Bewohner nachteilige, zukünftige Nutzungsabsichten der Erwerber als Begründung angeführt werden. So war im Berliner Fall die Ausübung des Vorkaufsrechts jedoch begründet worden.

Quelle/Weitere Informationen: Die Regierende Bürgermeisterin, Senatskanzlei, Presse­mitteilung vom 26. Januar 2022