Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Schadensersatzansprüche gegen juristische Personen des öffentlichen Rechts aufgrund des Art. 34 GG zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichthofs hat entschieden, dass Mietern keine Amtshaftungsansprüche zustehen, wenn eine Landesregierung eine Mietenbegrenzungsverordnung mit weitem räumlichem und persönlichem Geltungsbereich erlässt, die jedoch wegen Verstoßes gegen die Pflicht zur Begründung der Verordnung unwirksam ist (Urteil vom 28.01.2021 – III ZR 25/20).
Im konkreten Fall nimmt die Klägerin das Land Hessen aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz wegen der Unwirksamkeit der von der Landesregierung 2015 erlassenen Mietenbegrenzungsverordnung (Hessische Verordnung vom 17. November 2015 zur Bestimmung der Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten im Sinne des § 556d Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches) in Anspruch.
Die ursprünglichen Rechtsinhaber mieteten im Jahr 2017 eine Wohnung in Frankfurt am Main an. Der betreffende Stadtteil war in der Mietenbegrenzungsverordnung als Gebiet mit angespanntem Wohnungsmarkt im Sinne von § 556d Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) festgelegt. Die Klägerin nahm aus abgetretenem Recht der Mieter deren Vermieterin in einem Vorprozess auf Rückzahlung überhöhter Miete in Anspruch, wobei sie sich auf die Mietenbegrenzungsverordnung stützte. Diese Verordnung ist indes wegen Verstoßes gegen die in § 556d Abs. 2 Satz 5 bis 7 BGB bestimmte Begründungsverpflichtung unwirksam (BGH, Urteil vom 17. Juli 2019 – VIII ZR 130/18, BGHZ 223, 30). Deshalb wurde die Klage der Klägerin abgewiesen.
Mit der vorliegenden Teilklage macht die Klägerin nunmehr gegen das beklagte Land als Schaden der Mieter geltend, dass diesen bei Wirksamkeit der Mietenbegrenzungsverordnung ein Rückzahlungsanspruch gegen die Vermieterin für die im August 2017 gezahlte Miete zugestanden hätte. Sie hält die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruchs gemäß § 839 BGB für gegeben. Mit dem Erlass der fehlerhaften Verordnung habe das beklagte Land eine ihm gegenüber den Mietern obliegende Amtspflicht verletzt.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg gehabt. Das Oberlandesgericht führte aus, es bestünden regelmäßig keine Amtshaftungsansprüche wegen Nachteilen, die durch die Gesetzgebung entstanden seien. § 556d BGB und die darauf beruhenden Rechtsverordnungen verfolgten ein sozialpolitisches Ziel. Sozialstaatliche Zielsetzungen verdichteten sich regelmäßig nicht zu staatlichen Handlungspflichten gegenüber Einzelnen oder Gruppen.
Der BGH hat die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil zurückgewiesen.
Zur Begründung: Nach Auffassung des BGH setzt § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB voraus, dass ein Amtsträger eine ihm gegenüber einem "Dritten" obliegende Amtspflicht verletzt hat. Ob der Geschädigte im Sinne dieser Vorschrift "Dritter" ist, richte sich danach, ob die Amtspflicht – zumindest auch – den Zweck habe, gerade sein Interesse wahrzunehmen. Es müsse mithin eine besondere Beziehung zwischen der verletzten Amtspflicht und dem geschädigten "Dritten" bestehen. Gesetze und Verordnungen enthielten hingegen durchweg generelle und abstrakte Regeln, und dementsprechend nehme der Gesetzgeber in der Regel ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahr, denen die Richtung auf bestimmte Personen oder Personenkreise fehle. Nur ausnahmsweise – etwa bei sogenannten Maßnahme- oder Einzelfallgesetzen – könne etwas Anderes in Betracht kommen und könnten Belange bestimmter Einzelner unmittelbar berührt werden, so dass sie als "Dritte" im Sinne des § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB angesehen werden könnten.
Die hessische Mietenbegrenzungsverordnung sei kein Maßnahme- oder Einzelfallgesetz in diesem Sinne. Sie betreffe angesichts ihres weiten räumlichen und persönlichen Geltungsbereichs nicht einzeln identifizierbare Mieter (und Vermieter), sondern einen unüberschaubar großen und nicht individuell begrenzten Personenkreis. Dementsprechend handele es sich bei der Verordnung um eine ihrem Zweck nach allein auf die Wahrung des Interesses der Allgemeinheit und nicht bestimmter Einzelner oder eines bestimmten Personenkreises gerichtete Regelung.
Amtshaftungsansprüche der Mieter bestünden auch nicht wegen eines Eingriffs in eine geschützte Grundrechtsposition. Ob überhaupt eine grundrechtlich geschützte Position der Mieter betroffen war, was das Berufungsgericht verneint habe, könne offenbleiben. Nicht jede Grundrechtsbeeinträchtigung durch staatliche Amtsträger führt zur Staatshaftung. Der Gesetzgeber kann Voraussetzungen und Umfang von Amtshaftungs- und Entschädigungsansprüchen näher ausgestalten. Eine solche Ausgestaltung sei mit § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB erfolgt, wonach ein Amtshaftungsanspruch nur bestehe, wenn ein Beamter die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht verletzte. Damit ist eine Haftung wegen der Verletzung von Amtspflichten, die dem Beamten nicht spezifisch dem Träger des betroffenen Grundrechts gegenüber obliegen, nicht vereinbar.
Bei einem Verstoß der öffentlichen Hand gegen Art. 2 Abs. 1 GG, der die allgemeine Handlungsfreiheit umfassend schützt, würde ansonsten sehr häufig auch ein zum Schadensersatz verpflichtendes Verhalten im Sinne des § 839 BGB vorliegen. Wollte man in diesen Fällen stets wegen der Grundrechtsbeeinträchtigung auch die Drittgerichtetheit der verletzten Amtspflicht bejahen, so würde das einschränkende Tatbestandserfordernis des "Dritten" weitgehend leerlaufen. Die erhebliche Ausdehnung der Staatshaftung für legislatives Unrecht, die mit der Annahme einer Drittbezogenheit bei jeder Beeinträchtigung subjektiver Rechte von Grundrechtsträgern durch grundrechtswidrige Gesetzgebung zwangsläufig verbunden wäre, komme jedenfalls nicht im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung in Betracht.
Ein Amtshaftungsanspruch bestehe schließlich auch nicht wegen enttäuschten Vertrauens der Mieter in die Wirksamkeit der hessischen Mietenbegrenzungsverordnung. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs werde ein allgemeiner Anspruch auf angemessene Entschädigung für Aufwendungen, die im enttäuschten Vertrauen auf die Wirksamkeit einer Rechtsnorm gemacht worden sind, nicht anerkannt. Auch insoweit wäre die Drittbezogenheit der Amtspflicht erforderlich. Gesetze und Rechtsverordnungen enthielten aber – wie auch hier – zumeist generelle und abstrakte Regeln, durch die der Gesetz- und Verordnungsgeber in der Regel ausschließlich Aufgaben gegenüber der Allgemeinheit wahrnehme. Quelle/Weitere Informationen: Bundesgerichtshof, Pressemitteilung vom 28. Januar 2021