Seit 28 Jahren sind die Schwellenwerte für europaweite Auftragsvergaben nahezu unverändert und nach Auffassung der Bayerischen Staatsregierung deshalb dringend reformbedürftig: Die kräftige Verteuerung insbesondere von Bauleistungen in den vergangenen Jahren sowie der aktuelle Inflationsschub würden dafür sorgen, dass staatliche Auftraggeber für immer kleinere Bau- und Beschaffungsvorhaben in einem komplexen und aufwendigen Verfahren europaweit nach Anbietern suchen müssten. Die alten Schwellenwerte seien nach 28 Jahre deshalb nicht mehr sachgerecht und praxistauglich, erklärt die Bayerische Staatsregierung und fordert deshalb mit ihrer am 22. November beschlossenen Bundesratsinitiative eine markpreisgerechte Anhebung der Schwellenwerte.
Hierdurch müssten künftig deutlich weniger Vergabeverfahren auf europäischer Ebene ausgeschrieben werden. Der Verwaltungsaufwand und die Kosten sowohl auf Seiten der öffentlichen Auftraggeber als auch auf Seiten der oftmals mittelständischen Auftragnehmer würden deutlich reduziert. Vor allem mit Blick auf die föderale Struktur der Bundesrepublik Deutschland mit ihren tausenden kleinen Kommunen als öffentliche Auftraggeber mit begrenzten personellen und finanziellen Ressourcen würde dies zu erheblichen Erleichterungen führen.
Die Schwellenwerte beruhen auf den Verpflichtungen der Europäischen Union nach dem Internationalen Beschaffungsübereinkommen, dem Government Procurement Agreement (GPA). Bauleistungen müssen demnach schon ab einem Auftragswert von 5,382 Mio. Euro europaweit ausgeschrieben werden, andere Liefer- und Dienstleistungsaufträge schon ab einem Volumen von 215.000 Euro. Eine Regelung zum Inflationsausgleich ist hier nicht vorgesehen, was angesichts der derzeitigen Hochinflation eine gravierende Lücke darstelle, so die Bayerische Landesregierung. Diese müsse dringend geschlossen werden.
Mit der Bundesratsinitiative will Bayern den Bund außerdem auffordern, sich auf europäischer Ebene für einen eigenen, höheren Schwellenwert für Planungsleistungen einzusetzen. Dienstleistungen von Architektur- und Ingenieurbüros zählen in Deutschland zu den zweithäufigsten Beschaffungsgegenständen. Quelle/Weitere Informationen: Bayerische Staatsregierung, Pressemitteilung vom 22. November 2022