Die Bayerische Staatsregierung hat ihrer Kabinettssitzung am 27. Februar 2024 über Änderungen im Polizeiaufgabengesetz (PAG), Polizeiorganisationsgesetz (POG) und Landesstraf- und Verordnungsgesetz (LStVG) beraten sowie die Einleitung der Verbandsanhörung beschlossen. Nach Abschluss der Verbandsanhörung wird sich das Kabinett erneut mit dem Gesetzentwurf befassen. Laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann geht es um eine Reihe von Anpassungen. "Ein Schwerpunkt ist die neue Rechtsgrundlage für unsere 'Verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform' im PAG, kurz VeRA", erläuterte Herrmann. Dazu komme weiterer Änderungsbedarf unter anderem aufgrund aktueller Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. "Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir die Möglichkeiten der Polizei zur effektiven Gefahrenabwehr und Verhütung von Straftaten weiter stärken", betonte der Innenminister. "Dabei sind uns der Grundrechtsschutz der Bürger, der Datenschutz und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sehr wichtig."
Zur neuen Rechtsgrundlage für VeRA erklärte Herrmann, dass das Bundesverfassungsgericht im Urteil über die "Automatisierte Datenauswertung durch die Polizei in Hessen und Hamburg" vor rund einem Jahr die automatisierte Datenauswertung unter einschränkenden Voraussetzungen als grundsätzlich möglich erachtet hat. "Mit unserer geplanten Rechtsgrundlage stellen wir sicher, dass die Analysesoftware nur unter den vom Bundesverfassungsgericht formulierten Voraussetzungen und Maßgaben eingesetzt werden kann", so Herrmann. Zudem werde die neue Analysesoftware nur innerhalb des Polizeinetzes und ohne Verbindung zum Internet eingesetzt. Ein Zugriff auf die Daten von außen oder ein Datenabfluss auf externe Server sei damit ausgeschlossen. Nur besonders ausgewählte und speziell geschulte Polizeiexperten werden eine Zugriffsberechtigung bekommen. "Sobald die neue Rechtsgrundlage in Kraft getreten ist, werden wir VeRA in den Echteinsatz überführen", kündigte Herrmann an. "Mit VeRA wird die Bayerische Polizei vorhandene Daten schneller und effektiver auswerten sowie miteinander verknüpfen können. Das hilft, Gefährder und Banden schneller zu ermitteln, kriminelle Netzwerke leichter zu entdecken, mögliche Opfer besser zu schützen und Straftaten möglichst im Vorhinein zu verhindern."
Ferner sind nach Herrmanns Worten einige Vorschriften des PAGaufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern vorsorglich anzupassen, auch wenn bisher keine verfassungsgerichtliche Beanstandung der bayerischen Vorschriften vorliegt. Dies betrifft einerseits die Voraussetzungen der heimlichen Wohnungsbetretung durch die Polizei, wenn diese zur Vorbereitung verdeckter Maßnahme beispielsweise Technik einbauen muss. Andererseits ist der Kernbereichsschutz beim gefahrenabwehrrechtlichen Einsatz von Verdeckten Ermittlern und Vertrauenspersonen zu präzisieren. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist der Kernbereich privater Lebensgestaltung als letzter unantastbarer Bereich menschlicher Freiheit zu wahren, der der Einwirkung der gesamten öffentlichen Gewalt entzogen ist. Dazu gehören beispielsweise Gespräche mit engsten Vertrauten. Verdeckte Ermittler müssen ihren Einsatz in der Regel immer dann abbrechen, wenn der Kernbereich berührt wird, sofern dadurch nicht ihr Leib oder Leben in Gefahr gerät.
Darüber hinaus soll im PAG laut Herrmann eine Rechtsgrundlage zur Übermittlung von Bildmaterial von an gefährdeten Objekten angebrachten Kameras an die Polizei verankert werden, soweit die Polizei an diesen Orten selbst Kameras aufstellen dürfte. Das betrifft beispielsweise die Videoüberwachung an großen Verkehrsknotenpunkten wie an Bahnhöfen oder Flughäfen. Zudem wird im Gesetzentwurf die Durchführung von Verkehrskontrollen durch die Wasserschutzpolizei präzisiert. Des Weiteren soll die Bayerische Polizei künftig auch gegenüber denjenigen Personen Platzverweise aussprechen dürfen, die Polizeieinsätze behindern. Geplant ist auch, dass die Bayerische Polizei künftig Meldeauflagen unter den gleichen Voraussetzungen wie die allgemeinen Sicherheitsbehörden, also die Gemeinden, aussprechen kann.
Im POG sollen laut Herrmann Unterstützungspflichten der Betreiber öffentlicher Verkehrsmittel und Verkehrsflughäfen gegenüber der Polizei normiert werden. Dabei geht es beispielsweise um die Bereitstellung von Räumlichkeiten und Parkplätzen an den großen bayerischen Bahnhöfen und Flughäfen. Im LStVG soll ein neuer Bußgeldtatbestand eingeführt werden, wenn beispielsweise jemand gegen Meldeauflagen oder Aufenthaltsverbote von Gemeinden verstößt. Außerdem macht die Novelle zur Bußgeldkatalog-Verordnung eine Anpassung des Einsatzbereichs von Polizeiangestellten zur Überwachung des ruhenden Verkehrs erforderlich. Polizeiangestellte sollen künftig auch Verkehrsordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern ab 60 Euro anzeigen können, zum Beispiel wenn Falschparker Radfahrer auf Radwegen behindern.
Alle Informationen zum aktuellen Gesetzentwurf sind unter www.pag.bayern.de abrufbar.
Quelle/Weitere Informationen: Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration, Pressemitteilung vom 27. Februar 2024