Aktuelles zu "Asbest beim Bauen im Bestand"

November 2023

Seit über 100 Jahren ist die gefährliche Wirkung von Asbest bekannt. Die erste Asbestsanierungswelle in Deutschland hat vor allem Spritzasbestanwendungen und den offenen Verbau von „schwachgebundenen“ Asbestprodukten in den Fokus genommen. 30 Jahre später stellte man fest, dass die Gefahren, die von meist „festgebundenen“ Produkten wie Spachtelmassen, Klebern, Dichtmassen, Putzen und Anstrichstoffen (PSF) ausgehen bislang in der Praxis nicht wahrgenommen und die von ihnen ausgehenden Gesundheitsgefahren weitgehend unterschätzt wurden. Daher startete auf Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und des Bundesministeriums für Umweltschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMU) am 21. Dezember 2016 der Nationale Asbestdialog. Im Fokus dieses Dialogs stand der Umgang mit Asbest beim Bauen im Bestand. Nach zum Teil sehr kontroversen Diskussionen zwischen allen Dialogteilnehmern konnte auf dem geplanten 5. Abschlussforum im Mai 2020 ein im Konsensn erarbeitetes Positionspapier verabschiedet werden. In diesem Positionspapier wurden Maßnahmenpakete zu insgesamt sieben verschiedenen Themenblöcken festgeschrieben.
 

  • Themenblock I: „Aufklärung, Sensibilisierung und Information zu Asbestbelastungen im Bestand“
  • Themenblock II: „Forschung und Entwicklung zur Verbreitung und Umgang von/mit Asbest im Baubestand“
  • Themenblock III: „Mitwirkung der Eigentümer/Bauherren/Veranlasser von Baumaßnahmen“
  • Themenblock IV: „Fachgerechte Entsorgung und Recycling asbesthaltiger Bauabfälle“
  • Themenblock V: „Sichere Durchführung von Arbeiten an Asbestbelastungen im Bestand, incl. Qualifizierung der Baubeteiligten“
  • Themenblock VI: „Kriterien zur Bewertung von Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit der Anbieter von Bau und Dienstleistungen“
  • Themenblock VII: „Fördermöglichkeit und effektiver Vollzug“

Die Maßnahmenpakete beschreiben sowohl Leitplanken als erste Orientierungshilfen für die Umsetzung, als auch konkrete Teilaufgaben und legen fest, welches Ministerium, Fachgremium bzw.welcher Stakeholder sich bei der Umsetzung dieser Teilaufgabe zukünftig einbringen wird (siehe hierzu Abschlussbericht im Auftrag des BMAS auf www.bmas.de „Gesamtdokumentationasbestdialog.pdf).

Drei Jahre nach dem Abschlussforum ist die Veröffentlichung der überarbeiteten GefStoffV noch nicht erfolgt, die als Ermächtigungsgrundlage für weitere untergesetzliche Regelwerke dient. Daher konnte die notwendige Überarbeitung der TRGS 519 ebenfalls noch nicht umgesetzt werden.

Mit dem AHO-Heft 43 (AHO: Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V ) „Fachplanungsleistungen zu Schadstoffen in Objekten – baulichen und technischen Anlagen“ konnte ein wertvoller Beitrag zur Beschreibung des Leistungsbildes der „Historischen und technischen Erkundung“ und der „Fachplanungsleistung“ zur Schadstoffsanierung im Februar 2023 veröffentlicht werden.
Durch die neu aufgelegte Richtlinienreihe 6202 des VDI werden wesentliche Teilaufgaben des vereinbarten Maßnahmenpakets des Nationalen Asbestdialoges aufgegriffen. Durch die Veröffentlichung der LAGA M 23 am 29. November 2022 wurden wesentliche Eckpunkte der zukünftigen Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) bereits aufgegriffen und indirekt eingeführt. Eine besondere Bedeutung kommt diesem Papier in Nordrhein-Westfalen mit der Einführung per Ministerialerlasses vom 12. Juli 2023 zu. Mit der Veröffentlichung des Ergänzungsbandes zur VOB am 1. Oktober 2023 wurde die ATV DIN 18448 eingeführt, die einen wesentlichen Einfluss auf die Planungs- und Ausschreibungsqualität von zukünftigen Sanierungsmaßnahmen im Bestand entfalten dürfte.

Auch wenn wir noch auf die Veröffentlichung wesentlicher Richtlinien und Verordnungen warten müssen, dürften die zum heutigen Zeitpunkt veröffentlichten und baurechtlich eingeführten Regelungen im Bereich „Bauen im Bestand“ einen Paradigmenwechsel auslösen, da nunmehr die Aufgaben und Pflichten der Baubeteiligten klar beschrieben und erforderliche Qualitäten an Planung und Ausschreibung festgelegt und Grundlagen für eine rechtswirksame Einforderung dieser definiert wurden.

Da bisher zu diesen brandaktuellen Themen kaum Fortbildungsmöglichkeiten bestehen, greift der vhw für seine Zielgruppe  in der kommunale Bauverwaltung die maßgeblichen “neuen“ Regelwerke VDI 6202 B 3, LAGA M 23 und ATV DIN 18448 auf und vermittelt hierzu entsprechende Grundkenntnisse in drei separat buchbaren Impulsvorträgen, um dabei zu helfen, notwendige Änderungsprozesse im Unternehmensalltag zu identifizieren und erforderliche Veränderungsprozesse auslösen zu können.

Quelle: Beitrag von Dipl.-Ing Dirk Dewenter VDI, 15. November 2023