Am 27. März 2020 hat der Bundesrat der neuen Düngeverordnung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zugestimmt – unter der Bedingung, dass die Länder bis Ende des Jahres Zeit zur Ausweisung von besonders belasteten Gebieten erhalten. Setzt das Bundesministerium diese Änderungsmaßgabe um, kann es die Verordnung im Bundesgesetzblatt verkünden und wie geplant am Tag darauf in Kraft treten lassen.
Mehr Zeit für Gebietsausweisung
Die vom Bundesrat beschlossene Verlängerung der Übergangsfristen erfolgte vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie. Sie beruht auf einer Einigung zwischen der Bundesregierung und der Europäischen Kommission.
Signal in Krisenzeiten
In der Begründung betont der Bundesrat, die Verlängerung setze ein wichtiges Signal in der aktuellen Krisensituation in Richtung der landwirtschaftlichen Betriebe. Sie diene auch einer sachgerechten Bearbeitung der mit der Novelle vorgesehenen Neuausweisung der gefährdeten Gebiete durch die Umwelt- und Landwirtschaftsverwaltungen der Länder.
Kritische Entschließung
In einer zusätzlichen Entschließung weist der Bundesrat allerdings auf zahlreiche Unzulänglichkeiten der Verordnung aus fachlicher, rechtlicher und vollzugsseitiger Sicht hin.
Die Zustimmung habe er nur deshalb nicht an eigentlich erforderliche Änderungsvorgaben geknüpft, um das Risiko eines zweiten Vertragsverletzungsverfahrens der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik zu vermeiden. Davor hatte die Bundesregierung ausdrücklich gewarnt.
Die umfangreiche Entschließung zeigt detailliert die verschiedenen Defizite der Verordnung auf und bittet die Bundesregierung, im Benehmen mit den Ländern durch künftige Regelungen und Verwaltungsvereinbarungen Abhilfe zu schaffen.
Die Entschließung wird nun der Bundesregierung zugeleitet. Quelle/Weitere Informationen: Bundesrat KOMPAKT vom 27. März 2020
August 2019
Das Bundesagrarministerium und das Bundesumweltministerium haben sich auf verschärfende Anpassungen zur Düngeverordnung geeinigt, die auch der EU-Kommission am 28. August 2019 vorgelegt werden. In einem Länder- und Verbändegespräch auf Einladung von Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, Julia Klöckner, an dem auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze teilnahm, gab es Zustimmung für die Vorschläge der Bundesregierung.
Diese sehen unter anderem vor,
Für die Europäische Kommission sind zudem die Länderverordnungen zur Ausweisung roter – also der besonders belasteten – Gebiete ein wichtiger Punkt. Derzeit liegen zwölf Verordnungen vor, einige Länder sind hier in der Pflicht, die entsprechenden Regelungen schnellstmöglich zu erlassen. Es gilt, Strafzahlungen zu vermeiden. Quelle/Weitere Informationen: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, Pressemitteilung vom 21. August 2019
Die Bundesregierung hat sich nach einem breit angelegten Konsultationsprozess mit Ländern, Verbänden und Abgeordneten auf Vorschläge zur weiteren Beschränkung der Düngung verständigt. Das Ziel ist es, den Schutz der Gewässer in Deutschland zu verbessern und damit die Anforderungen des gegen Deutschland ergangenen EuGH-Urteils zur EG-Nitratrichtlinie zukünftig zu erfüllen.
In den Gebieten, die mit Nitrat belastet sind, schlägt die Bundesregierung der Europäischen Kommission für die Landwirte einschneidende, aber ihrer Meinung nach im Ganzen zum Schutz des Grundwassers notwendige Maßnahmen vor. Diese umfassen:
Für extensiv wirtschaftende Landwirtschaftsbetriebe und Ökobetriebe, die so nachhaltig und ressourcenschonend düngen, dass sie nicht zur Gewässerbelastung beitragen, gelten Ausnahmen. So sollen Betriebe, die durchschnittlich auf ihren Landwirtschaftsflächen weniger als 160 Kilogramm Stickstoff je Hektar und Jahr und davon maximal 80 Kilogramm mineralisch düngen, von der Reduzierung der Düngung und der Mengen-Obergrenze freigestellt werden. Auch auf Dauergrünland soll die Düngung nicht reduziert werden müssen, da hier das Auswaschungsrisiko niedriger sei. Außerdem soll eine Herbstdüngung von Raps möglich sein, wenn mit einer Bodenprobe nachgewiesen wird, dass der Düngebedarf nicht aus dem Bodenvorrat gedeckt werden kann.
Insgesamt soll die Düngung in Deutschland so nachhaltiger und der Gewässerschutz deutlich verbessert werden, ohne dass landwirtschaftliche Betriebe über das erforderliche Maß hinaus eingeschränkt werden.
Die Vorschläge werden nun an die Europäische Kommission gesendet. Sie sind die Voraussetzung dafür, eine zweite Klage der Europäischen Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland zu vermeiden. Sofern die Kommission den Maßnahmen zustimmt, wird das offizielle Rechtssetzungsverfahren zur Änderung der Düngeverordnung eingeleitet. Quelle/Weitere Informationen: Bundesumweltministerium, Gemeinsame Pressemitteilung mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft vom 13. Juni 2019
Die aktuelle Debatte um eine mögliche Novelle der Düngeverordnung beschäftigte am 12. April 2019 auch den Bundesrat – Rheinland-Pfalz stellte einen Entschließungsantrag (BR Drs. 148/19) mit Forderungen an die Bundesregierung vor: Sie solle die Länder frühzeitig bei der erneuten Reform des Düngerechts einbeziehen. Denn die geplanten Änderungen beträfen umfassend die Belange aller landwirtschaftlichen Betriebe.
Bei den Gesprächen in Brüssel zur Vermeidung von Strafzahlungen in einem EU-Vertragsverletzungsverfahren solle die Bundesregierung insbesondere das Potenzial ökologischer Betriebe berücksichtigen. Diese trügen durch geringeren Gebrauch von Nitrat- und Pflanzenschutzmitteln bereits zum Schutz von Grund- und Oberflächenwasser bei. Wichtig sei, dass sich die Änderungen in der Praxis nicht kontraproduktiv auswirkten.
Die von der Bundesregierung vorgeschlagene pauschalierte Reduzierung des Stickstoffdüngebedarfs um 20 Prozent in belasteten Gebieten kritisiert Rheinland-Pfalz als zu wenig differenziert – insbesondere für solche Betriebe, die bereits auf niedrigem Stickstoffniveau arbeiten und organische Dünger mit geringerer Nährstoffverfügbarkeit verwenden. Auch die geplante Verpflichtung zum Zwischenfruchtanbau bedürfe der Überprüfung. Die Begrenzung der EU-Nitratrichtlinie auf maximal 170 kg Nitrat pro Hektar und Jahr müsse sich auf den Einsatz von Dünger tierischen Ursprungs beziehen, fordert das Land.
Nach wie sei die Nitratbelastung im Grundwasser zu hoch, betont Rheinland-Pfalz. Zur Vermeidung von Überdüngung und zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom Juni letzten Jahres müsse das Düngemanagement weiter verbessert werden.
Der Entschließungsantrag wurde nach der Vorstellung im Plenum in die Fachausschüsse überwiesen. Diese beraten Ende April darüber. Sobald sie ihre Empfehlungen an das Plenum abgegeben haben, entscheidet der Bundesrat über den Vorschlag von Rheinland-Pfalz. Quelle: Bundesrat KOMPAKT vom 12. April 2019
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass Deutschland gegen die Richtlinie 91/676 zum Schutz der Gewässer vor Verunreinigung durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verstoßen hat.
Mit ihrer Klage (Az.: C-543/16) beantragte die EU-Kommission festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtung verstoßen hat, die zu hohe Nitratbelastung in seinen Gewässern wirksam zu verringern. Sie rügte zum einen, das Deutschland nicht zusätzliche Maßnahmen oder verstärkte Aktionen getroffen hat, sobald deutlich wurde, dass die Maßnahmen des deutschen Aktionsprogramms nicht ausreichten. Zum anderen rügte die Kommission, dass dieses Aktionsprogramm nicht überarbeitet wurde.
Der EuGH hält beide Rügen der Kommission für begründet.
Die erste Rüge hält der EuGH für begründet, da Deutschland bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist, d. h. am 11. September 2014, keine zusätzlichen Maßnahmen oder verstärkten Aktionen getroffen habe, obwohl sich aus dem fünften Bericht vom 4. Juli 2012 ergeben habe, dass die geltenden Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele der Richtlinie 91/676 nicht ausreichten. Aus dem Bericht ergebe sich insbesondere, dass sich der Eutrophierungszustand der Küstengewässer durch die bisherigen Maßnahmen nicht habe verbessern lassen. Hinsichtlich des Vorbringens Deutschlands, der Bundesrat habe im März 2017 der Änderung des Düngegesetzes vom 9. Januar 2009 und der Novelle der Düngeverordnung<mark></mark> vom 10. Januar 2006 (in der zuletzt am 24.02.2012 geänderten Fassung) zugestimmt, weist der EuGH darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen sei, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befunden habe, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt worden sei, und dass später eingetretene Veränderungen vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden könnten.
Mit ihrer zweiten, in sechs Teile unterteilten Rüge wirft die Kommission Deutschland vor, es trotz der im fünften Bericht aufgezeigten Lage unterlassen zu haben, sein Aktionsprogramm fortzuschreiben, um den Anforderungen der Richtlinie 91/676 nachzukommen. Dabei geht es erstens um die Begrenzung des Ausbringens von Düngemitteln, zweitens den Erlass von Vorschriften über die Zeiträume, in denen das Ausbringen von Düngemitteln verboten ist, drittens das Fassungsvermögen und die Bauweise von Behältern zur Lagerung von Dung, viertens die zulässige Menge des pro Jahr ausgebrachten Dungs, fünftens das Ausbringen von Düngemitteln auf stark geneigten landwirtschaftlichen Flächen und sechstens das Ausbringen von Düngemitteln auf wassergesättigten, überschwemmten, gefrorenen oder schneebedeckten Böden.
Der EuGH hält alle sechs Teile dieser zweiten Rüge für begründet, da die Düngeverordnung vom 10. Januar 2006 (in der zuletzt am 24.02.2012 geänderten Fassung) in all diesen Punkten nicht den Anforderungen der Richtlinie entspreche. Quelle/Weitere Informationen: Pressemitteilung des Europäischen Gerichtshofs vom 21. Juni 2018