Die genaue Kenntnis der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist heutzutage unerlässlich für jeden, der sich mit dem Thema Mietrecht beschäftigt.
An dieser Stelle finden Sie auch für den Nicht-Juristen verständliche Kommentierungen der wichtigsten Urteile des BGH zum Mietrecht von Dr. Dietrich Beyer, Richter am BGH a.D. Bei den Kommentierungen wird besonderer Wert gelegt auf die genaue Darstellung der Auswirkungen der Leitentscheidungen des VIII. Zivilsenats des BGH auf die Praxis.
BGH, Urteil vom 29. November 2023 – VIII ZR 211/221
Bereits am Anfang des Leitsatzes zu diesem Urteil taucht das Stichwort "Zerrüttung" auf, und im weiteren Text der Entscheidung findet der Leser dieses Wort nicht weniger als 12-mal. Bemerkenswert ist dieser Fund deshalb, weil man als Richter oder Rechtsanwalt den Begriff "Zerrüttung" spontan eher mit dem Familienrecht – konkret: der Scheidung einer Ehe – verbindet. Die Entscheidungsdatenbank der BGH (seit 2000) zeigt für den VIII. Senat und den Suchbegriff „Zerrüttung“ außer dem aktuellen Urteil lediglich zwei Treffer2 an; die betreffenden Entscheidungen erwähnen jener Begriff allerdings jeweils nur ein einziges Mal, und auch das nur in der Formulierung „zerrüttet.“ In der Sache ging es dort ausschließlich um verfahrensrechtliche Punkte.
Neben der Frage, ob die "Zerrüttung" eines Mietverhältnisses als Kündigungsgrund in Betracht kommt, steht die Bedeutung einer Strafanzeige für eine Kündigung im Mittelpunkt der Entscheidungsgründe. Damit ist die gedankliche Verbindung zu einem Beschluss des VIII. Senats vom 8. August 20233 hergestellt, in dem es um die Frage ging, ob eine Strafanzeige des Mieters gegen den Vermieter eine Kündigung rechtfertigt. Diese beiden Komplexe werden in dem aktuellen Urteil eingehend erörtert und überzeugend beantwortet.
Kommentar
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1NJW-RR 2023, 1432; Grundeigentum 2023, 1145; WuM 2023, 747. Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind nicht veröffentlicht
2Urteil v. 12.12.2007 – VIII ZR 269/06, und Beschluss vom 13.05.2020 – VIII ZR 222/18
3VIII ZR 234/22, NJW-RR 2023, 1432; Grundeigentum 2023, 1145; WuM 2023, 747.
BGH, Beschluss vom 28. November 2023 – VIII ZR 77/231
Dass der Vermieter eine vermietete Wohnung (nur) aus konkretem Anlass und nach angemessener Vorankündigung betreten darf, ist an sich selbstverständlich. In der Praxis scheinen solche Fälle in aller Regel auch keine Probleme zu bereiten; immerhin hat sich der VIII. Senat des BGH vor etlichen Jahren – in einem Urteil vom 4. Juni 20142 – und zuletzt in einer Entscheidung vom 26. April 20233 mit dieser Frage befasst. Die dort klar und überzeugend dargelegten Grundsätze hat er nun noch einmal bestätigt, und zwar wiederum mit einer sehr überzeugenden Begründung – allerdings "nur" in der Form eines Beschlusses, weil die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – nicht vorgelegen haben und eine Entscheidung durch Urteil nach mündlicher Verhandlung deshalb nicht veranlasst war.
Kommentar
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1 Grundeigentum 2024, 188
2 VIII ZR 289/13, WuM 2014, 495; Grundeigentum 2014, 1053; NJW 2014, 2566; NZM 2014, 635; ZMR 2014, 963
3 VIII ZR 420/21, Grundeigentum 2023, 649; NJW-RR 2023, 861; WuM 2023, 403; NZM 2023, 542; ZMR 2023, 776 – hier bereits besprochen
BGH, Urteil vom 25. Oktober 2023 – VIII ZR 147/221
Vor nicht allzu langer Zeit – im August 2023 – hatte VIII. Senat des BGH sich mit einem etwas ungewöhnlichen Kündigungsfall befasst. Damals ging es um die Folgen einer – möglicherweise falschen – Strafanzeige der Mieterin gegen den Vermieter.2 Der Vermieter hatte wegen dieser Anzeige das Mietverhältnis gekündigt; das Amtsgericht hatte der Räumungsklage stattgegeben, das Landgericht hatte sie mit der Begründung abgewiesen, die in der möglicherweise falschen Strafanzeige Pflichtverletzung sei jedenfalls nicht hinreichend erheblich, um eine Kündigung zu rechtfertigen. Das hatte der Senat gebilligt. In dem neuen Fall, der Gegenstand des Urteils vom 25. Oktober 2023 ist, hatte der Mieter bei seiner Anhörung im Räumungsprozess eine bewusst wahrheitswidrige Behauptung zu dem Kündigungsgrund aufgestellt. In beiden Instanzen stand die Frage im Vordergrund, ob diese Behauptung eine ordentliche oder fristlose Kündigung rechtfertigt oder ob sie auf Grund der gesamten Begleitumstände, insbesondere auch des Verhaltens der Vermieterin und ihres Hausverwalters, keine die Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung des Mieters darstellt.
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1 Grundeigentum 2024, 37 (Stand 25. Januar 2024). Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind nicht veröffentlicht
2 Beschluss vom 8. August 2023 – VIII ZR 234/22, Grundeigentum 2023, 1145; NZM 2023, 881; WuM 2023, 747 (hier bereits besprochen)
BGH, Beschluss vom 17. Oktober 2023 – VIII ZR 61/231
Erst drei Wochen vor diesem Beschluss hat der VIII. Senat des BGH sich in einer Grundsatzentscheidung mit dem Komplex Minderung der Miete wegen Flächenabweichung befasst:2 dort ging es um den etwas haarspalterisch wirkenden Begriff der Türnische und den Zahlungsverzug bzw. die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses wegen einer Flächenabweichung von 0,4 Promille (Minderfläche, nicht BAK). Die Vorinstanzen und der Senat hatten jenen Fall zum Anlass für recht grundsätzliche Ausführungen zum Sinn und Zweck einer Türnische genommen. Der aktuelle Beschluss enthält dagegen keine neuen Grundsatzaussagen; dennoch ist er interessant und sehr lesenswert wegen der Bestätigung der BGH-Rechtsprechung zu wichtigen Punkten des Komplexes Wohnfläche und ihren mietrechtlichen Folgen, einschließlich der Fragen eines Bereicherungsanspruchs des Mieters wegen überzahlter Miete.
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1Nur in juris veröffentlicht (St. 16. Februar 2024).
2VIII ZR 117/22, WuM 2023, 683; NJW-RR 2023, 1438; Grundeigentum 2023, 1143; DWW 2023, 380; NZM 2023, 928. Die Entscheidung ist hier bereits besprochen worden.
BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2023 – VIII ZR 45/221
In den letzten Jahren hat sich der VIII. Senat des BGH immer wieder mit Fällen befasst, in denen eine (nach § 10 RDG registrierte) Rechtsdienstleisterin – im Auftrag der Mieter und aus abgetretenem Recht – die Höhe der Miete für eine in Berlin gelegene Wohnung wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Vorschriften zur Begrenzung der Miethöhe (§§ 556d ff. BGB in Verbindung mit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28. April 2015) gerügt hatte. Dabei ging es u. a. um die Vertretungsbefugnis der Rechtsdienstleisterin; diese Frage spielt in dem aktuellen Fall keine Rolle. Die weitere Frage nach der zeitlichen "Reichweite" der Rüge einer Mietüberhöhung im Fall einer Staffelmiete – konkret: auch für eine inzwischen eingetretene Staffelmieterhöhung – hat der Senat vor rd. zwei Jahren – in einem Urteil vom 30. März 20222 – entschieden. Auf jenes Urteil nimmt er nun Bezug, ergänzt seine Begründung jedoch im Hinblick auf die Einwendungen der Revision der Vermieterin.
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1WuM 2024, 30
2VIII ZR 279/21, NJW-RR 2022, 1092; NZM 2022, 706; Grundeigentum 2022, 1001; WuM 2022, 600
BGH, Urteil vom 27. September 2023 – VIII ZR 117/221
In der Rechtsprechung des VIII. Senats des BGH gibt es bisweilen Entscheidungen, bei deren Überschrift der Laie nur den Kopf schüttelt oder die Sache – unabhängig vom Datum – für einen Aprilscherz hält. Dieser Gedanke drängt sich auf den ersten Blick auch für das Urteil vom 27. September 2023 auf, das sich seitenlang mit dem Begriff der Türnische befasst – allerdings im Zusammenhang mit der speziellen mietrechtlichen Bestimmung des § 3 Abs. 3 Nr. 3 Wohnflächenverordnung (WoFlV). Der zweite Blick – in die Gründe der Entscheidung – macht aber die praktische Bedeutung dieser "Haarnadel"-Frage deutlich – konkret: die Fragen einer erheblichen oder unerheblichen Abweichung der tatsächlichen Fläche von der im Mietvertrag genannten Fläche, einer Minderung der Miete wegen eines Mangels (über 10 % Flächendefizit) und der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzug.
Und diese Punkte werden in dem Urteil präzise dargelegt und das Ergebnis gut begründet.
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1 WuM 2023, 683; NJW-RR 2023, 1438; Grundeigentum 2023, 1143; DWW 2023, 380; NZM 2023, 928. Die Entscheidungen der Vorinstanzen (AG Pinneberg, LG Itzehoe) sind nicht veröffentlicht.
BGH, Urteil vom 13. September 2023 – VIII ZR 109/221
Mit Fragen der Untervermietung hat sich der VIII. Senat des BGH in den letzten Jahren relativ häufig befasst, so etwa bei der Kündigung eines Hauptmietverhältnisses wegen unberechtigter Untervermietung2, zum Anspruch des Hauptmieters auf Erteilung einer Untervermietungserlaubnis während eines längeren Auslandsaufenthalts3 oder – zuletzt, nur zwei Wochen nach dem vorliegenden Urteil – zur Frage der Untervermietung einer Nebenwohnung.4 Eine recht ungewöhnliche Fallkonstellation ist Gegenstand des Urteils vom 13. September 2023; hier geht es um einen auf den ersten Blick eher unrealistischen Sachverhalt, nämlich die Untervermietung einer Einzimmerwohnung, die der Mieter wegen eines bevorstehenden Auslandsaufenthalts einem Dritten überlassen wollte. Dann fragt man sich: Wo bleibt da noch Raum für eine eigene Wohnnutzung des Mieters?
Bemerkenswert ist die Entscheidung – ebenso wie das erwähnte Urteils vom 13. September 2023 – trotz des in der Praxis sicher seltenen Sachverhalts vor allem wegen der sehr grundsätzlichen Ausführungen zum Begriff der Untervermietung und zum Anspruch des Mieters gegen den Vermieter auf Erteilung einer Erlaubnis zur Untervermietung.
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1 WuM 2023, 686; NJW-RR 2023, 1435; Grundeigentum 2023, 1141; DWW 2023, 377
2 Beschl. v. 3. August 2021 – VIII ZR 329/19, WuM 2021, 681, Grundeigentum 2021, 1425; NJW-RR 2021, 1525; NZM 2021, 886
3 Urteil v. 11. Juni 2014 – VIII ZR 349/13, Grundeigentum 2014, 998; WuM 2014, 489; NJW 2014, 2717; ZMR 2014, 713; NZM 2014, 631; DWW 2014, 333
4 Urteil v. 27. September 2023 – VIII ZR 88/22, WuM 2023, 751
BGH, Urteil vom 19. Juli 2023 – VIII ZR 22/9/221
Das Urteil vom 19. Juli 2023 betrifft – auf den ersten Blick – einen alltäglichen Fall eines Mietverhältnisses in Berlin, bekanntlich ein angespannter Wohnungsmarkt. Bereits nach der Lektüre der ersten Sätze ahnt der Leser allerdings, dass der Sachverhalt etwas komplizierter ist als die "üblichen" Fälle der zulässigen Miete nach Modernisierung o.ä. Der VIII. Senat die Revision des Mieters zum Anlass für – in dieser Form neue – hochinteressante, sehr wichtige und grundsätzliche Aussagen genommen, wie sie bisher in seiner Rechtsprechung nicht zu finden waren. Einziger Minuspunkt ist der Umfang der Begründung mit zahlreichen Wiederholungen, die das Studium der Entscheidung etwas erschweren. Bemerkenswert ist jedenfalls die dogmatisch sehr konsequente Anwendung der Grundsätze für die Auslegung gesetzlicher Bestimmungen nach den Kriterien Wortklaut, Sinn und Zweck der Norm sowie Wille des Gesetzgebers. Auch deshalb lohnt sich die – bisweilen etwas mühsame – Lektüre des Urteils.
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1WuM 2023, 532; Grundeigentum 2023, 889; NJW-RR 2023, 1246; NZM 2023, 762
BGH, Urteil vom 19. Juli 2023 – VIII ZR 416/211
Verfahren, in denen es um eine Mieterhöhung nach Modernisierung geht, sind inzwischen zu einem „Dauerbrenner“ in der Rechtsprechung des VIII. Senats des BGH geworden – und zwar nicht nur solche Verfahren, die ganz allgemeine, grundsätzliche Fragen betreffen, wie etwa die Urteile vom 17. Juni 2020 zum Abzug der fiktiven Kosten bei einer modernisierenden Instandsetzung2 oder vom 18. März 2021 zur Frage des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Ankündigung und der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen.3 In der letzten Zeit hat der Komplex Formelle Anforderungen an die Mieterhöhungserklärung im Mittelpunkt der einschlägigen aktuellen Entscheidungen gestanden: so insbesondere in dem Grundsatzurteil vom 20. Juli 20224, im Urteil vom 25. Januar 20235 und in den Beschlüssen vom 21. Februar und 16. Mai 20236. Alle diese Entscheidungen sind hier bereits besprochen worden. Mit dem aktuellen Urteil vom 19. Juli 2023 hat der VIII. Senat zunächst die Aussagen dieser Entscheidungen in vollem Umfang bestätigt; der Sachverhalt, der diesem Urteil zugrunde liegt, hat ihm jedoch Anlass zu einem interessanten neuen Aspekt gegeben.
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1 WuM 2023, 554 (St. 13. Oktober 2023)
2 VIII ZR 81/19, WuM 2020, 493; Grundeigentum 2020, 1046; NZM 2020, 795; ZMR 2020, 925
3 VIII ZR 305/19, Grundeigentum 2021, 621; WuM 2021, 354; NZM 2021, 463; ZMR 2021, 572
4 VIII ZR 361/21, Grundeigentum 2022, 893; WuM 2022, 542; ZMR 2022, 951; NZM 2022, 795; NJW-RR 2022, 1455
5VIII ZR 29/22, Grundeigentum 2023, 294; NJW-RR 2023, 371; NZM 2023, 282; WuM 2023, 285
6 VIII ZR 106/21, Grundeigentum 2023, 745; der Beschluss v. 16. Mai 2023 ist nur in juris veröffentlich
BGH, Urteil vom 12. Juli 2023 – VIII ZR 60/221
Am 12. Juli 2023 hat der VIII. Senats des BGH – nach der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2023 – insgesamt vier Entscheidungen verkündet, in denen es jeweils um die Verjährung des Anspruchs des Mieters auf Auskunft des Vermieters über Umstände geht, die eine Überschreitung der 10 %-Grenze der Mietspiegel-Miete für eine Wohnung in einem angespannten Wohnungsmarkt rechtfertigen können (§ 556g Abs. 3 BGB). Eines dieser Urteile, das hier dargestellt werden soll, betrifft den Sonderfall der Staffelmiete (§ 557a BGB).2 Von den drei anderen Urteilen vom 12. Juli 20233, deren Begründung teilweise wörtlich übereinstimmt, ist die umfangreich und sehr überzeugend begründete Grundsatzentscheidung in der Sache VIII ZR 125/22 hier bereits ausführlich besprochen worden; auf die dortigen Ausführungen kann in vollem Umfang Bezug genommen werden.
Unter dem Suchbegriff "Auskunftsanspruch" finden sich in der Entscheidungsübersicht der Homepage des BGH für 2022 und 2023 insgesamt neun Urteile, in denen es jeweils auch um die Rolle eines registrierten Inkassodienstleisters geht. Während bisher der Schwerpunkt auf den Befugnissen des von einem Mieter beauftragten Inkassodienstleisters lag, so etwa in dem Urteil vom 24. Mai 20234, betreffen die aktuellen Entscheidungen die bislang in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der einschlägigen Literatur sehr umstrittene Frage, wann der Auskunftsanspruch des Mieters verjährt, genauer: wann der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist des § §195 BGB beginnt. Diese Frage hat der Senat nun mit einer überzeugenden und ungewöhnlich ausführlichen Begründung, insbesondere in der bereits erwähnten Sache VIII ZR 125/22, geklärt. Die kleine Serie dieser Urteile wird in einer bemerkenswerten Weise abgerundet durch die Entscheidung zur Staffelmiete.
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1 Grundeigentum 2023, 845; WuM 2023, 551; MDR 2023, 1103
2 Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind nicht veröffentlicht
3 VIII ZR 375/21, WuM 2023, 545; VIII ZR 8/22, MDR 2023, 1168; VIII ZR 125/22, Grundeigentum 2023, 893 (St. 17.Oktober 2023)
4 VIII ZR 373/21, NJW
BGH, Urteil vom 12. Juli 2023 – VIII ZR 125/221
Am 12. Juli 2023 hat der VIII. Senats des BGH – nach der mündlichen Verhandlung vom 24. Mai 2023 – insgesamt vier Entscheidungen verkündet, in denen es jeweils um die Verjährung des Anspruchs des Mieters auf Auskunft des Vermieters über Umstände geht, die eine Überschreitung der 10 %-Grenze der Mietspiegel-Miete für eine Wohnung in einem angespannten Wohnungsmarkt rechtfertigen können. Eines dieser Urteile betrifft den Sonderfall der Staffelmiete (§ 557a BGB)2; diese Entscheidung wird gesondert besprochen. Hinsichtlich der anderen Urteile vom 12. Juli 20233, deren Begründung mit der hier dargestellten Sache VIII ZR 125/22 teilweise wörtlich übereinstimmt, kann auf die folgenden Ausführungen Bezug genommen werden. Die zentrale Bestimmung für diesen Komplex enthält der § 556g Abs. 3 BGB.
Unter dem Suchbegriff "Auskunftsanspruch" finden sich in der Entscheidungsübersicht der Homepage des BGH für 2022 und 2023 insgesamt neun Urteile, in denen es jeweils auch um die Rolle eines registrierten Inkassodienstleisters geht. Während bisher der Schwerpunkt auf den Befugnissen des von einem Mieter beauftragten Inkassodienstleisters ging, so etwa in dem Urteil vom 24. Mai 20234, betreffen die aktuellen Entscheidungen die bislang in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und der einschlägigen Literatur sehr umstrittene Frage, wann der Auskunftsanspruch des Mieters verjährt, genauer: wann der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist des § §195 BGB beginnt. Diese Frage hat der Senat nun mit einer überzeugenden und ungewöhnlich ausführlichen Begründung geklärt. Die Veröffentlichung eines der Urteile in der Amtlichen Sammlung BGHZ wäre sinnvoll, ist aber leider nicht vorgesehen.
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1 Bislang nur in juris veröffentlicht (St. 13. Oktober. 2023).
2 VIII ZR 60/22, Grundeigentum 2023, 845; WuM 2023, 551
3 VIII ZR 375/21 und VIII ZR 8/22
4 VIII ZR 373/21, NJW-RR 2023, 988, Grundeigentum 2023; NZM 2023, 637; WuM 2023, 536 – hier bereits besprochen
BGH, Urteil vom 5. Juli 2023 – VIII ZR 94/211
Die etwas heikle Frage der Wirksamkeit der Berliner Mietenbegrenzungsverordnung, und zwar insbesondere die Frage der rechtzeitigen Bekanntmachung ihrer Begrünung, hat den VIII. Senat bereits vor einigen Jahren beschäftigt; darauf greift er jetzt zurück. Einen weiteren, über die Grenzen von Berlin hinaus interessanten und praktisch bedeutsamen Punkt behandelt er im Zusammenhang mit der Prüfung der rechtlichen Einheit oder Selbständigkeit zweier Mietverträge – konkret: eines Vertrages für die Wohnung und eines weiteren Vertrages für den Keller (oder einen Stellplatz etc.); in diesem Zusammenhang stellt er mit wenigen Worten, aber sehr überzeugend den Sinn und Zweck der Vorschriften über die Begrenzung der Miethöhe in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten klar. Schließlich gibt es ein Rechenwerk im Hinblick auf die Berechnung der zulässigen Miethöhe bei Mietbeginn und nachfolgender Mieterhöhungen bei der Indexmiete – das hier etwas verkürzt dargestellt werden kann.
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1 WuM 2023, 603 (St. 17. Oktober 2023)
BGH, Urteil vom 24. Mai 2023 – VIII ZR 373/211
Wenn es jemals einen "Dauerbrenner" zwischen dem VIII. Senat des BGH und einem bestimmten Instanzgericht gegeben hat, dann sind es die Entscheidungen zum Komplex Zulässigkeit und Grenzen der Tätigkeit eines registrierten Inkassodienstleisters. Eine juris-Recherche mit den Suchbegriffen "Inkassodienstleister", dem Aktenzeichen VIII ZR und dem Zeitraum 2020 bis 2023 ergibt insgesamt 38 Treffer, davon 11 Treffer zu anderen Gerichten bzw. anderen Zivilkammern des LG Berlin; alle übrigen – insgesamt somit 27 – betreffen Entscheidungen der ZK 67 des LG Berlin. Abgesehen von der Vorfrage der Wirksamkeit der Mietenbegrenzungsverordnung des Landes Berlin steht jedes Mal die Frage im Mittelpunkt, ob ein für den Bereich der Inkassodienstleistungen registrierter Rechtsdienstleister – über die Rückforderung überzahlter Miete hinaus – den Vermieter auch zur Herabsetzung der Miete auf den zulässigen Höchstbetrag auffordern darf. Bis zum letzten einschlägigen Fall – der dem Urteil vom 24. Mai 2023 zugrunde liegt – war die Zivilkammer 67 nicht bereit, der Rechtsprechung des VIII. Senats zu folgen – allerdings jeweils mit eingehender Begründung.
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1 NJW-RR 2023, 988 (St. 25. August 2023)
BGH, Urteil vom 26. April 2023 – VIII ZR 420/211
Dass der Vermieter eine vermietete Wohnung aus konkretem Anlass und nach angemessener Vorankündigung betreten darf, ist an sich selbstverständlich und ein fast alltäglicher Vorgang. In der Praxis scheinen solche Fälle in aller Regel auch keine Probleme zu bereiten; immerhin hat sich der VIII. Senat des BGH zuletzt vor 9 Jahren – in einem Urteil vom 4. Juni 20142 – mit dieser Frage befasst. Umso bemerkenswerter ist das aktuelle Urteil vom 26. April 2023, das der Senat zum Anlass für eine sehr grundsätzliche, in jeder Hinsicht überzeugende und äußerst sorgfältig begründete Entscheidung genommen hat. Der zugrundeliegende Sachverhalt, insbesondere die schwere psychische Erkrankung der Mieterin – bis hin zu einer konkreten Suizidgefahr –, aber auch das sehr gut begründete Berufungsurteil waren hierfür nahezu zwingende Voraussetzungen.
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1 Grundeigentum 2023, 649 (St. 14. Juli 2023)
2 VIII ZR 289/13, WuM 2014, 495; Grundeigentum 2014, 1053; NJW 2014, 2566; NZM 2014, 635; ZMR 2014, 963
BGH, Urteil vom 19. April 2023 – VIII ZR 280/211
Dass eine Wohnung bei der Rückgabe an den Vermieter nach dem Ende des Mietverhältnisses Mängel aufweist und der Vermieter deshalb eine "Nachbesserung" oder Schadensersatz verlangt, dürfte in der Praxis kein allzu seltener Fall sein. Dennoch können sich hier rechtliche Fragen stellen, die eine genauere Prüfung verlangen, in den Tatsacheninstanzen unterschiedlich beantwortet werden und deshalb für das Berufungsgericht ein Grund für die Zulassung der Revision sein können. Eine solche Situation war in dem Verfahren gegeben, das kürzlich zum VIII. Senat des BGH gelangt ist und dem Senat Anlass für eine nicht ganz neue, aber dennoch interessante Grundsatzentscheidung gegeben hat.
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1 Grundeigentum 2023, 654; NZM 2023, 498; DWW 2023, 209; WuM 2023, 466; NJW-RR 2023, 991
BGH, Beschlüsse vom 21. Februar 20231 und 16. Mai 2023 – VIII ZR 106/21
Verfahren, in denen es um eine Mieterhöhung nach Modernisierung geht, sind inzwischen zu einem "Dauerbrenner" in der Rechtsprechung des VIII. Senats des BGH geworden – zuletzt ein Urteil vom 25. Januar 20232. Die Verfahren werfen durchweg für die Praxis wichtige Fragen auf, die der Senat mit recht grundsätzlichen Ausführungen beantwortet. Zu nennen sind hier beispielsweise auch die Urteile vom 17. Juni 2020 zum Abzug der fiktiven Kosten bei einer modernisierenden Instandsetzung3, vom 18. März 2021 zur Frage des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Ankündigung und der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen4 oder vom 28. April 2021 zur Mieterhöhung „in Etappen“.5 Mit dem speziellen Thema Formelle Anforderungen an die Mieterhöhungserklärung nach Modernisierung hat sich der VIII. Senat in einer Grundsatzentscheidung vom 20. Juli 20226 befasst, danach in einer Serie von Fällen aus Bremen7 bis zu dem vorläufig letzten einschlägigen Urteil vom 23. November 2022.8 Die Fortsetzung bilden die Beschlüsse vom 21. Februar und 16. Mai 2023.
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1 Grundeigentum 2023, 745; der Beschluss v. 16. Mai 2023 ist nur in juris veröffentlich
2 VIII ZR 29/22, Grundeigentum 2023, 294; NJW-RR 2023, 371; NZM 2023, 282; WuM 2023, 285
3 VIII ZR 81/19, WuM 2020, 493; Grundeigentum 2020, 1046; NZM 2020, 795; ZMR 2020, 925
4 VIII ZR 305/19, Grundeigentum 2021, 621; WuM 2021, 354; NZM 2021, 463; ZMR 2021, 572
5 VIII ZR 5/20, WuM 2021, 371; NJW-RR 2021, 735; Grundeigentum 2021, 754; NZM 2021, 504
6 VIII ZR 361/21, Grundeigentum 2022, 893; WuM 2022, 542; ZMR 2022, 951; NZM 2022, 795; NJW-RR 2022, 1455
BGH, Urteil vom 25. Januar 2023 – VIII ZR 29/221
Verfahren, in denen es um eine Mieterhöhung nach Modernisierung geht, gelangen mit einer gewissen Regelmäßigkeit zum VIII. Senat des BGH, und sie werfen durchweg für die Praxis wichtige Fragen auf, die der Senat mit recht grundsätzlichen Ausführungen beantwortet. Zu nennen sind beispielsweise die Urteile vom 28. April 2021 zur Mieterhöhung "in Etappen"2, vom 17. Juni 2020 zum Abzug der fiktiven Kosten bei einer modernisierenden Instandsetzung3 oder vom 18. März 2021 zur Frage des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Ankündigung und der Durchführung von Modernisierungsmaßnahmen.4
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1 Grundeigentum 2023, 294; NJW-RR 2023, 371; NZM 2023, 282; WuM 2023, 285
2 VIII ZR 5/20, WuM 2021, 371; NJW-RR 2021, 735; Grundeigentum 2021, 754; NZM 2021, 504
3 VIII ZR 81/19, WuM 2020, 493; Grundeigentum 2020, 1046; NZM 2020, 795; ZMR 2020, 925
4 VIII ZR 305/19, Grundeigentum 2021, 621; WuM 2021, 354; NZM 2021, 463; ZMR 2021, 572