Die genaue Kenntnis der neuesten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) ist heutzutage unerlässlich für jeden, der sich mit dem Thema Mietrecht beschäftigt.
An dieser Stelle finden Sie auch für den Nicht-Juristen verständliche Kommentierungen der wichtigsten Urteile des BGH im Mietrecht von Dr. Dietrich Beyer, Richter am BGH a.D. Bei den Kommentierungen wird besonderer Wert gelegt auf die genaue Darstellung der Auswirkungen der Leitentscheidungen des VIII. Zivilsenats des BGH auf die Praxis.
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2019 – VIII ZR 332/181
Dieses Urteil fügt sich nahtlos in die Reihe der aktuellen BGH-Entscheidungen ein, die sich mit den überhöhten formellen Anforderungen der Instanzgerichte an die Erklärung einer Mietvertragspartei, i.d.R. des Vermieters, befassen. "Erschwerend" kommt in diesem Fall hinzu, dass das Berufungsgericht einen wesentlichen Teil der in der Modernisierungsankündigung enthaltenen Details – ausgerechnet die konkrete Angabe zur Senkung des Wärmedurchgangskoeffizienten als Folge der geplanten Wärmedämmmaßnahmen – schlicht übersehen hat.2
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1 WuM 2020, 80 = Grundeigentum 2020, 260 = NZM 2020, 281 (Stand 1. April 2020)
2 Rn. 29
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2019 – VIII ZR 236/181
Mit einer gewissen Regelmäßigkeit landen Verfahren beim VIII. Senat des BGH, in denen es um die formelle Wirksamkeit von Erklärungen einer Mietvertragspartei geht; Standardfall ist das Mieterhöhungsverlangen des Vermieters, wenn er eine Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete gem. § 558 BGB erreichen will, und hier wiederum stellt sich immer wieder die Frage der formellen Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens, die von den Instanzgerichten relativ häufig verneint wird, während der VIII. Senat in aller Regel eine "großzügige" Tendenz verfolgt. Ein geradezu klassisches Beispiel aus der jüngeren Rechtsprechung ist das Urteil vom 11. Juli 20182, dem ein Mieterhöhungsverlangen zugrunde lag, das der Mieter mit einem Sachverständigengutachten begründet hatte. Das Gutachten hatte nur den "Schönheitsfehler", dass der Sachverständige die von ihm benannten Vergleichswohnungen nicht besichtigt hatte.
In jener Entscheidung findet sich der Grundsatz – die Standardformulierung des Senats –, dass
An diesen Grundsatz knüpft der Senat in dem aktuellen Urteil vom 18. Dezember 2019 an.
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1 bislang nur in juris veröffentlicht (Stand 3. Februar 2020)
2 VIII ZR 190/17, ZMR 2019, 109,
3 aaO Rn. 13, 17 ff
BGH, Urteil vom 18. Dezember 2019 – VIII ZR 62/191
Zum ersten Mal ist aus dem Bereich des Betriebskostenrechts ein Verfahren zum BGH gelangt, in dem es um die praktisch bedeutsame Frage geht, ob die sog. Notdienstpauschale, die ein Hausmeister zusätzlich zu seinem "normalen" Lohn erhält, gemäß § 2 Nr. 14 BetrKV (bzw. Anl. 3 Nr. 14 zu § 27 Abs. 1 II. BV) als Teil der Hausmeisterkosten umgelegt werden kann. Auf den ersten Blick scheint die positive Antwort klar zu sein, und die Annahme, es handele sich um nicht umlegbare Verwaltungskosten, liegt eher fern. Dementsprechend hat bislang auch die überwiegende Meinung in der Rechtsprechung der Instanzgerichte und im Schrifttum, wenn auch mit unterschiedlicher Begründung, die Umlegbarkeit bejaht, während die Gegenmeinung diese Pauschale als nicht umlegbare Verwaltungskosten (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrKV) gewertet hat. Die Klärung durch den BGH war deshalb überfällig; die Entscheidung ist geradezu lehrbuchartig, ausführlich und sehr überzeugend begründet.
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1 WuM 2020, 83 (Stand 29. Februar 2020)
1) Der Härtegrund des fehlenden Ersatzwohnraums (§ 574 Ans. 2 BGB)
2) Abwägung des Erlangungsinteresses des Vermieters (insbesondere: Lebensplanung) und des Bestandsinteresses des Mieters nach denselben verfassungsrechtlichen Maßstäben
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2019 – VIII ZR 144/191
Zum vierten Mal innerhalb kurzer Zeit – seit August 2018 – hat sich der VIII. Senat des BGH in diesem aktuellen Urteil mit einem Fall der Kündigung wegen Eigenbedarfs, dem Härteeinwand des Mieters und der Abwägung der beiderseitigen Belange befasst. Die Entscheidungen enthalten eine Fülle sehr grundsätzlicher und praxisrelevanter Aussagen. In der aktuellen Entscheidung geht es insbesondere um die Frage, was eine Partei im Einzelnen vortragen und das Gericht feststellen muss, wenn sich der Mieter auf den Härtegrund des fehlenden Ersatzwohnraums beruft.
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1 WuM 2020, 88 = Grundeigentum 2020, 256 (Stand 20. März 2020)
BGH, Urteil vom 11. Dezember 2019 – VIII ZR 234/181
Mit einer gewissen Regelmäßigkeit landen beim VIII. Senat des BGH Verfahren, in denen es um die formelle Wirksamkeit von Erklärungen einer Mietvertragspartei geht; Standardfall ist das Mieterhöhungsverlangen des Vermieters, wenn er eine Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete gem. § 558 BGB erreichen will. Ein etwas anders gelagertes Beispiel aus der jüngeren Rechtsprechung ist das Urteil vom 11. Dezember 2019, das in einer fast schon drastischen Weise deutlich macht, wir riskant u. U. die Zustimmung des Mieters zu einem Mieterhöhungsverlangen des Vermieters sein kann, wenn er sich auf die Begründung des Vermieters verlässt - und dazu zählt auch der "Dauerbrenner" Wohnflächengröße.
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1 bislang nur in juris veröffentlicht (Stand 29. Februar 2020). Die Entscheidungen der Vorinstanzen (AG Dresden, Urt. vom 26. November 2015, 142 C 267/15, und LG Dresden, Urt. vom 29. Juni 2018, 4 S 583/15) sind nicht veröffentlicht.
BGH, Urteil vom 27. November 2019 – VIII ZR 165/181
Vor nicht allzu langer Zeit – in einem Beschluss vom 5. Juni 20182 – hatte sich der VIII. Senat des BGH wieder einmal mit der sog. Realofferte befasst; damals ging es um die Zahlungspflicht für die Versorgung einer Gasetagenheizung in einer Mietwohnung; das Besondere jenes Falles war der Umstand, dass der Bewohner lediglich Untermieter war, dem der Mieter die Wohnung vollständig überlassen hatte, und dass weder der Vermieter noch das Versor-gungsunternehmen hierüber informiert worden waren. Die aktuelle Entscheidung ist in tatsächlicher Hinsicht etwas einfacher gelagert, ihre Gründe enthalten jedoch einen zusätzli-chen rechtlichen Aspekt:
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1 bislang nur in juris veröffentlicht (Stand 28. Januar 2020)
2 VIII ZR 253/17, Grundeigentum 2018, 993 = WuM 2018, = NZM, 2018, 819=NJW-RR2018, 1105= ZMR2019, 165. Die Entscheidung ist hier bereits besprochen worden.
BGH, Urteil vom 27. November 2019 – VIII ZR 285/181
Bei einer Grundsatzentscheidung zur Auslegung zentraler Bestimmungen und Begriffe des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG) wird man nicht ohne weiteres die Zuständigkeit des VIII. Zivilsenates des BGH im Rahmen seiner Geschäftsaufgabe Wohnraummietrecht annehmen; zu denken wäre hier eher an den VI. oder den IX. Senat (Anwaltshaftung). Dennoch führt der konkrete Anknüpfungspunkt eines vom Mieter geltend gemachten Verstoßes gegen die Begrenzung der Miethöhe (§ 556d BGB) und damit zusammenhängender Auskunftsansprüche und Ansprüche auf Rückzahlung zu viel gezahlter Miete gegen den Vermieter (§ 556g BGB) recht schnell zur Bejahung der Zuständigkeit des VIII. Senats. Eine spezielle Zuweisung von Verfahren aus dem Bereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes an einen bestimmten Zivilsenat enthält die Geschäftsverteilung des BGH nicht, und zwar weder für das Jahr 2018 (Eingang der Revision) noch für 2019 (Datum der Entscheidung).
Trotz seiner keineswegs zwingenden Zuständigkeit hat der VIII. Senat die Frage der Zulässigkeit der Geltendmachung (abgetretener) mietrechtlicher Ansprüche durch einen registrierten Inkassodienstleister zum Anlass für ein Grundsatzurteil genommen, das nach seinem Umfang von 99 Seiten und seiner wissenschaftlichen Tiefe bei der Auslegung der einschlägigen Vorschriften des RDG alle bisherigen Entscheidungen des Senats bei weitem in den Schatten stellt. Dabei hat er wohl auch bedacht, dass mit dem vorliegenden Urteil auch die Weichen für eine ganze Anzahl weiterer anhängig gewesener oder noch anhängiger Verfahren gestellt werden mussten.2
Um es vorwegzunehmen: Die Urteilsgründe sind durchweg gut nachvollziehbar und überzeugend, auch wenn ihre Lektüre wegen der ungewöhnlichen Länge mancher Sätze und der Vielzahl der als Belege angegebenen Fundstellen aus den Gesetzesmaterialien, der Rechtsprechung sämtlicher Instanzen und der Literatur bisweilen etwas mühsam ist.
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1 BGHZ 224, 89; Grundeigentum 2019, 1629 = WuM 2020, 212 = NJW 2020, 208 = NZM 2020, 26 =
2 s. dazu unten S. 9 "Die Fortsetzung"
1) Kein Wohnraummietverhältnis
2) Kündigungsverzicht für 60 Monate wirksam
3) Keine außerordentliche Kündigung bei fehlender Zuweisung von Flüchtlingen (§ 543 BGB)
BGH, Urteil vom 23. Oktober 2019 – XII ZR 125/181
Der für allgemeine Mietverhältnisse2 zuständige XII. Senat des BGH hat mit dem Urteil vom 23. Oktober 2019 einen Fall entschieden, in dem eine Gemeinde im Januar 2016 ein Wohnhaus für die Unterbringung von zugewiesenen Flüchtlingen gemietet hatte. Die Entscheidung ist alles andere als ein "schlichter" Fall aus dem Bereich des Immobilienmietrechts; sie enthält ganz grundsätzliche Aussagen zur Abgrenzung der Wohnraummiete vom allgemeinen Mietrecht, zum Kündigungsverzicht und zur außerordentlichen Kündigung wegen Störung der Geschäftsgrundlage.
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1 WuM 2019, 697 = Grundeigentum 2020, 50 = NJW 2020, 331 = NZM 2020, 54 = ZMR 2020, 98; zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen.
2 Die Zuständigkeit ist im Geschäftsverteilungsplan des BGH etwas kompliziert geregelt. Im vorliegenden Fall war entscheidend die Abgrenzung zur Wohnraummiete, für die der VIII. Senats ausschließlich zuständig ist. Die Gewerberaummiete ist zweifellos der mietrechtliche Schwerpunkt der Zuständigkeit des XII. Senats, jedoch keine ausschließliche Zuständigkeit.
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2019 – VIII ZR 21/191
Mit dem Komplex Mieterhöhung nach Modernisierung hat sich der BGH in den vergangenen Jahren des Öfteren befasst. Dabei ging es regelmäßig um die Formalien und den notwendigen Inhalt einer Modernisierungsankündigung gem. § 555c BGB, um die Duldungspflicht des Mieters und um Einzelheiten der Mieterhöhung (§ 559 BGB). In dem Urteil vom 9. Oktober 2019 hat sich der VIII. Senat des BGH erstmals mit Härteeinwand des Mieters gegen die vom Vermieter erklärte Mieterhöhung nach Durchführung einer Modernisierungsmaßnahme befasst. Die umfangreiche, sehr grundsätzliche und teilweise recht anspruchsvolle Begründung beantwortet alle Fragen ausführlich, nachvollziehbar und überzeugend.
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1bislang nur in juris veröffentlicht (Stand 11. November 2019)
BGH, Urteil vom 21. August 2019 – VIII ZR 263/171
Die Überprüfung und ggf. Korrektur einer Instanzentscheidung ist ja bekanntlich die ureigenste Aufgabe des BGH. Gelegentlich gelangen aber auch Fälle hierher, in denen das Revisionsgericht nicht mehr mit diffizilen dogmatischen Überlegungen argumentieren muss, sondern der Rückgriff auf schlichte Gedanken zu einem vernünftigen, lebensnahen und rechtlich über jeden Zweifel erhabenen Ergebnis führt. Ein solcher Sachverhalt liegt dem Urteil vom 21. August 2019 zugrunde.
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1 Grundeigentum 2019, 1237 = WuM 2019, 574 (Stand 22. Oktober 2019)
BGH, Urteil vom 21. August 2019 – VIII ZR 255/181
Leider gibt es ja immer noch Gemeinden, die über keinen Mietspiegel verfügen; selbst die Großstadt Karlsruhe hat erst mit erheblicher Verzögerung im Jahr 2012 auf Drängen der Verwaltung und gegen den vereinten Widerstand des örtlichen Mietervereins und von Haus und Grund2 einen Mietspiegel erstellt. Das Fehlen eines Mietspiegels bringt in erster Linie natürlich für den Vermieter, daneben aber auch für den Mieter erhebliche Probleme bei der Ermittlung bzw. Überprüfung der ortsüblichen Vergleichsmiete mit sich. Hat er keinen Zugang zu einer vereins- oder verbandsinternen Mietdatenbank, bleibt ihm i.d.R. nur die Möglichkeit der Einholung eines Sachverständigengutachtens, was sich für den Privatmann – den Vermieter ebenso wie den Mieter – wegen der damit verbundenen Kosten praktisch von selbst verbietet. Ein praktikabler Ausweg kann dann der Rückgriff auf den Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde sein, falls man einen solchen findet. In dem vom BGH jetzt entschiedenen Fall war dies der Vermieterin nicht gelungen.
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1 bislang nur in juris veröffentlicht (Stand 22. Oktober 2019)
2 Die Motive waren naheliegend: Beide Seiten verfügen über eigene Mietdatenbanken, die allerdings nur den Mitgliedern zugänglich sind.
BGH, Urteil vom 24. Juli 2019 – VIII ZR 141/171
Kaum ein Thema hat die mietrechtliche Diskussion in der letzten Zeit so beschäftigt wie die Abrechnung der Kaution durch den Vermieter nach dem Ende eines Mietverhältnisses. In der Rechtsprechung, in Zeitschriftenbeiträgen und auf Fachtagungen wurde die Frage intensiv und kontrovers diskutiert. Das aktuelle BGH-Urteil hat nun Klarheit geschaffen.
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1 Grundeigentum 2019, 1105 = WuM 2019, 524 = DWW 2019, 290 = NZM 2019, 754
BGH, Urteil vom 17. Juli 2019 - VIII ZR 130/181
Das Urteil scheint auf den ersten Blick nur für das Land Hessen relevant zu sein. Bereits die Leitsätze und noch mehr die ausführliche, äußerst sorgfältige und überzeugende Begründung machen jedoch deutlich, dass es Bedeutung auch für die Mietenbegrenzungsverordnungen anderer Bundesländer haben kann. Dass auch der BGH dies so einschätzt, zeigt die (beabsichtigte) Veröffentlichung des Urteils in der Amtlichen Sammlung BGHZ – in der Praxis des VIII. Senats eine eher seltene Ausnahme. Insbesondere für den Rechtsberater der Vermieter- oder Mieterseite und der Wohnungswirtschaft ist deshalb die – recht anspruchsvolle – Lektüre der Entscheidung sehr zu empfehlen.
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1 Grundeigentum 2019, 1029 = WuM 2019, 440 = NZM 2019, 584 = NJW 2019, 2844 (Stand 30. Sep-tember 2019)
BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 167/171
Am 22. Mai 2019 hat der VIII. Senat die Entscheidungen in zwei bereits am 17. April 2019 verhandelten Sachen verkündet, in denen es jeweils um eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ging, gegen die sich die Mieter mit dem Härteeinwand zur Wehr gesetzt hatten. Vor allem einen Fall aus Berlin hat der Senat zum Anlass einer umfangreichen Grundsatzentscheidung genommen. Das Urteil2 ist hier bereits besprochen worden.
In der zweiten BGH- Entscheidung vom 22. Mai 2019 standen zentrale Fragen des Eigenbedarfs des Vermieters sowie der Härteeinwand der Mieterin im Mittelpunkt.
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1 Grundeigentum 2019, 913 = NJW-RR 2019, 972 = NZM 2019, 527 = WuM 2019, 454 = ZMR 2019, 668 (Stand 2. Oktober 2019)
2VIII ZR 180/18, WuM 2019, 385 = Grundeigentum 2019, 905 = NZM 2019, 518 = NJW 2019, 2765 (Stand 2. Oktober 2019)
BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – VIII ZR 180/181typo3/#_ftn1
Fälle der Eigenbedarfskündigung sind seit Jahren regelmäßiger Bestandteil der laufenden Rechtsprechung des VIII. Senats des BGH. Der vorliegende Fall weist auf den ersten Blick an sich nur die mehr oder weniger typischen Aspekte auf Vermieter- und Mieterseite auf. Dennoch hat der Senat den zugrundeliegenden Sachverhalt und mindestens ebenso die Begründung des Berufungsurteils zum Anlass für eine ganze Reihe von sehr grundsätzlichen und praxisrelevanten Aussagen genommen, was allein schon der äußere Umfang des
Urteils – nicht weniger als 40 Seiten, einschließlich der Leitsätze (zweieinhalb engbedruckte Seiten) – deutlich macht. Die Begründung ist anspruchsvoll, aber überzeugend, vorausgesetzt, der Leser nimmt sich die notwendige Zeit für das Studium der gesamten Entscheidung.
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1bislang nur in juris veröffentlicht (Stand 5. Juli 2019)
1) Kein Widerruf der gem. § 558b BGB erteilten Zustimmung des Mieters
2) Konkrete Bezeichnung von Vergleichswohnungen (Adresse, Lage im Haus)
3) Angemessenes Verhältnis von Neumieten und geänderten Bestandsmieten
4) Sachgerechte Orientierung der Vergleichsmiete bei normaler oder hoher Streubreite am rechnerischen Mittelwert der Mieten des 4-Jahreszeitraums
BGH, Urteil vom 24. April 2019 – VIII ZR 62/181
Liest man die dem Urteilstext vorangestellten umfangreichen vier Leitsätze, ist man zunächst geneigt, die Lektüre der Entscheidung einstweilen zurückzustellen, weil man mit einer recht schweren Kost rechnet. Macht man sich dennoch an die Arbeit, stellt man alsbald fest, dass der Senat den komplexen Stoff des Verfahrens sehr sorgfältig, gut nachvollziehbar und insgesamt überzeugend in den Griff bekommen und dargelegt hat.
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1 bislang nur in juris veröffentlich (St. 14. Juni 2019); am 24. April 2019 hat der VIII. Senat ein weiteres Urteil in einer Parallelsache erlassen (VIII ZR 82/18); der Tatbestand und die Entscheidungsgründe sind nahezu identisch.
BGH, Urteil vom 17. April 2019 – VIII ZR 33/181
Das Thema Berechnung der Wohnfläche hat den VIII. Senat des BGH in der jüngeren Zeit bekanntlich wiederholt beschäftigt und ihm dabei vor allem Gelegenheit gegeben, seine bisherige verfehlte Rechtsprechung zur Anwendung der 10%-Toleranzgrenze zu berichtigen. In einer aktuellen Grundsatzentscheidung vom 17. April 2019 hat er erneut für die Praxis sehr wichtige Aussagen zum Begriff der "Wohnfläche" im Wohnraummietrecht getroffen. Auch wenn sich dieses Urteil auf die Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete bezieht, gelten seine Grundsätze ganz generell, also insbesondere auch für die Betriebskostenabrechnung.
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1 VIII ZR 33/18, bislang nur in juris veröffentlicht (Stand 13. Juni 2019)
BGH, Urteil vom 10. April 2019 – VIII ZR 39/181
Macht der Mieter einen Mangel der Wohnung geltend, kann er zunächst einmal bei der Miete dadurch reagieren, dass er nur die seiner Meinung nach geminderte Miete zahlt. Als weitere rechtliche Möglichkeit steht ihm aber darüber hinaus ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich der an sich fälligen Miete zur Verfügung (§ 320 BGB). Beide Alternativen enthalten allerdings für den Mieter das Risiko einer Kündigung wegen Zahlungsverzug, insbesondere wenn der Vermieter das Vorliegen eines Mangels bestreitet. Das Zurückbehaltungsrecht ist zwar ein u. U. sehr wirksames Druckmittel, aber "doppelt" riskant, weil es an bestimmte zusätzliche Voraussetzungen gebunden ist. Dazu hat der VIII. Senat des BGH bereits in einem Grundsatzurteil vom 17. Juni 20152 sehr wichtige Aussagen getroffen; an jene Entscheidung knüpft er in dem aktuellen Urteil vom 10. April 2019 an, führt sie fort und präzisiert sie.
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1NJW 2019, 1745 = WuM 2019, 315 = Grundeigentum 2019, 725 (Stand 5. Juli 2019)
2VIII ZR 19/14, BGHZ 206,1; NZM 2015, 618 = WuM 2015, 568 = Grundeigentum 2015, 1089 = NJW 2015, 3087 = ZMR 2015, 868 = DWW 2015, 377. Die Entscheidung ist hier bereits ausführlich besprochen worden.
BGH, Urteil vom 10. April 2019 – VIII ZR 12/181typo3/#_ftn1
Vom LG Dresden kamen innerhalb kurzer Zeit zwei Verfahren2 zum BGH, in denen es zunächst jeweils um die Frage geht, ob mit der (rechtskräftigen) Abweisung einer Klage auf Zahlung der Miete nach einer Minderung (oder auf Räumung der Wohnung nach Kündigung wegen Zahlungsverzugs) auch die Feststellungen zum Mangel (einschließlich der Minderungsquote) in Rechtskraft erwachsen.
In der vorliegenden Sache war außerdem zu klären, welche Konsequenzen für Minderung und Zurückbehaltungsrecht die Weigerung des Mieters hat, die Beseitigung des Mangels, etwa aus Gründen der "Beweissicherung", zu dulden.
Der Sachverhalt ist außergewöhnlich komplex und erreicht, was die zeitlichen Abläufe betrifft, eine nahezu historische Dimension. Bereits seit 1999 – etwa ein Jahr nach Beginn des Mietverhältnisses – minderten die Mieter jahrelang die Miete wegen mehrerer Mängel der Wohnung. So konnte es nicht ausbleiben, dass es zu verschiedenen Rechtsstreitigkeiten kam, in denen es jeweils um die Zahlung der Miete ging.3 Ob damals auch bereits die Räumung und Herausgabe der Wohnung Gegenstand der Klagen war, bleibt unklar, da die beiden (rechtskräftigen) Berufungsurteile des LG Dresden4 nicht veröffentlicht sind. Jedenfalls hat das LG Dresden in beiden Fälle die Zahlungsklage der Vermieter mit der Begründung abgewiesen, die von den Mietern geltend gemachte Minderung sei berechtigt gewesen. Ein Zurückbehaltungsrecht stand damals offensichtlich noch nicht im Raum. Verfahrensrechtlich zusätzlich kompliziert wurde der Komplex durch den ständigen Wechsel auf der Vermieterseite, seit 1998 insgesamt sechsmal, davon jeweils einmal in den beiden hier interessierenden vorausgegangenen Prozessen und im vorliegenden Verfahren.
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1 WuM 2019, 309 = Grundeigentum 2019, 790 (Stand 5. Juli 2019)
2 außer dem hier besprochenen: Urteil vom 10. April 2019 - VIII ZR 39/18 (hier bereits besprochen)
3 Rn. 2 und 3
4 vom 10. Dezember 2010 – 4 S 224/10 und vom 1. Februar 2017 – 4 S 290/14
BGH, Urteil vom 10. April 2019 – VIII ZR 250/171
In seiner Entscheidung vom 7. Februar 20182 hat der VIII. Senat wichtige Grundsätze zur Darlegungs- und Beweislast des Vermieters und insbesondere auch zur Belegeinsicht durch den Mieter bei der Betriebskostenabrechnung, konkret: bei der Heizkostenabrechnung aufgestellt. Das Urteil ist hier bereits im vergangenen Jahr eingehend besprochen worden. Auf die damaligen Ausführungen kann verwiesen werden.
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1 bislang nur in juris veröffentlicht (Stand 14. Juni 2019)
2 VIII ZR 189/17, Grundeigentum 2018, 577 = NJW 2018, 1599 = WuM 2018, 288 = NZM 2018, 458 = DWW 2018, 214 = ZMR 2018, 573. Eine Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung BGHZ ist leider nicht vorgesehen.
BGH, Urteil vom 27. Februar 2019 – VIII ZR 255/171
Eine juris-Recherche mit den Suchbegriffen "Wohnfläche" und "BGH" für den Zeitraum 2015 bis 2019 führt derzeit zu mehreren Volltreffern – der aktuellste ist ein Urteil vom 27. Februar 2019, das nach den Leitsätzen und auf den ersten Blick nur für Richter und Rechtsanwälte interessant zu sein scheint. Die Lektüre der Entscheidung zeigt jedoch, dass sie wichtige Hinweise für die Praxis und vor allem auch für die Vermeidung eines kostspieligen Gerichtsverfahrens enthält.
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1 bislang nur in juris veröffentlicht (Stand 8. April 2019)
BGH, Urteil vom 13. Februar 2019 – VIII ZR 245/171
In der Reihe der BGH-Entscheidungen zur Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete unter Anwendung eines Mietspiegels enthält das Urteil vom 13. Februar 2019 keine „revolutionären“ Neuigkeiten. Seine Lektüre und Beachtung empfiehlt sich dennoch, weil es sich in einer systematischen, geradezu schulmäßigen und sehr gut nachvollziehbaren Darstellung mit dem "Beweiswert" – genauer: der Indizwirkung – eines einfachen Mietspiegels und seiner Anwendung durch die Beteiligten und den Tatrichter im konkreten Fall befasst.
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1 Grundeigentum 2019, 377 = NZM 2019, 250 = WuM 2019, 202 = NJW-RR 2019, 458
BGH, Urteil vom 16. Januar 2019 – VIII ZR 173/171
Es gibt BGH-Entscheidungen, bei denen man jeden Satz doppelt und dreifach unterstreichen könnte – so gründlich, schlüssig und überzeugend sind sie begründet. In diese herausragende Kategorie gehört das aktuelle Urteil des VIII. Senats vom 16. Januar 2019, das sich zum zweiten Mal innerhalb relativ kurzer Zeit sehr grundsätzlich mit der Behandlung von Flächenabweichungen – der Differenz zwischen einer Angabe im Mietvertrag und der tatsächlichen Wohnfläche – befasst. Es bestätigt zunächst die zentralen Grundsatzaussagen der Entscheidung vom 30. Mai 2018, mit der der Senat seine verfehlte Rechtsprechung zur An-wendung der 10 %-Toleranzgrenze auf die Betriebskostenabrechnung aufgegeben und korrigiert hat; im zweiten und dritten Schritt stellt es klar, dass diese neue Rechtsprechung ohne Einschränkung auch für den preisgebundenen Wohnraum gilt und dass öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungen unerheblich sind, wenn ein „kritischer“ Raum zu Wohnzwecken (mit-)vermietet ist.
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1 bislang nur in juris veröffentlicht (Stand 12. Februar 2019).
BGH, Urteil vom 30. Januar 2019 – XII ZR 46/181
Der für das Gewerberaummietrecht zuständige XII. Senat hat im Januar 2019 behandelt, in dem es um eine etwas ungewöhnliche Betriebskostenklausel ging. Die Klausel ist ein Beispiel für die "Gefährlichkeit" von eigenwilligen Formulierungen. Der BGH hat die Entscheidung zum Anlass für grundsätzliche Ausführungen zur Auslegung von Klauseln – hier: Individualvereinbarungen – genommen; daneben hat er die Bedeutung der in der Praxis wohl eher selten angewandten Bestimmung des § 10 HeizkV geklärt, die für die Abrechnung von Heiz- und Warmwasserkosten einen höheren Verbrauchskostenanteil als den in den §§ 7 und 8 HeizkV vorgesehenen Satz von 70 % zulässt. Die Entscheidung ist allerdings im Schrifttum auf erhebliche Kritik gestoßen2.
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1 Grundeigentum 2019, 379 = WuM 2019, 199 = ZMR 2019, 398 = CuR 2019, 10 = NZM 2019, 474
2 so z.B. Pfeifer, WuM 2019, 199, 202; Ludley, NZM 2019, 464; Lammel, ZMR 2019, 399
BGH, Urteil vom 16. Januar 2019 – VIII ZR 113/171
Grundsätzlich räumt das Gesetz dem Vermieter in der Bestimmung des § 7 Abs. 1 Satz 1 HeizkV bekanntlich einen gewissen Spielraum bei der Entscheidung ein, ob er den Verbrauchsanteil der Heizkosten für eine Abrechnungseinheit zu 70 % oder lediglich zu 50 % oder einem Prozentsatz dazwischen auf die Nutzer verteilt. Gleich im anschließenden Satz 2 wird dieser Spielraum jedoch für bestimmte Fallgestaltungen wieder auf "Null" reduziert – konkret: auf den zwingenden VerbauchsKostenfaktor 70%. Dann stellt sich die Frage, was der sparsame und umweltbewusste Mieter tun kann, wenn sich der Vermieter nicht an diese gesetzliche Vorgabe hält: kann er bereits für den laufenden Abrechnungszeitraum eine "vorschriftsmäßige" Abrechnung verlangen oder bleibt ihm nur der Behelf einer nachträglichen Kürzung der vorschriftswidrigen Abrechnung um die bekannten 15 % nach § 12 Abs. 1 HeizkV? Diese Frage hat der BGH nun mit einem Urteil vom 16. Januar 2019 geklärt.
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1 bislang nur in juris veröffentlicht (Stand 4. März 2019). Die Entscheidungen der Vorinstanzen sind nicht veröffentlicht.
BGH, Beschluss vom 9. Januar 2019 – VIII ZB 26/171
Den schon aus dem Studium vertrauten Spruch "Kauf bricht nicht Miete" muss man nach diesem Beschluss des BGH noch um eine Variante erweitern: "Verkauf bricht nicht Miete" oder im Klartext: Auch wenn der Miteigentümer einer Mietwohnung seinen Miteigentumsanteil an einen anderen Miteigentümer veräußert, ändert dies nichts an seiner Vermieterstellung. Die Regelung des § 566 Abs. 1 BGB, nach der der Erwerber kraft Gesetzes als (neuer) Vermieter anstelle des bisherigen Vermieters in das Mietverhältnis eintritt, letzterer also ausscheidet, gilt in diesem Fall also nicht. Der BGH hat diesen Fall, in dem es an sich nur um eine Kostenentscheidung geht, zum Anlass für recht grundsätzliche Ausführungen genommen.2
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1 Grundeigentum 2019, 249 = DWW 2019, 55 = NZM 2019, 208 = NJW-RR 2019, 332
2 obwohl er eine grundsätzliche Bedeutung der Entscheidung verneint, Rn. 7 a.E.